Peru: Alpine Erstbegehungen in San Marcos und Krein
Der Artikel ist Teil der Serie „Generation Zukunft“ aus dem bergundsteigen #120.
Weitere Teile der Serie:
Um die Mittagszeit setzen wir uns mit unseren Haul- und Duffelbags in das Taxi und treten die dreistündige Fahrt nach San Marcos an. Wie wir es nun mittlerweile gewohnt sind wird auch diese Fahrt zu einem Erlebnis, denn noch immer ist der peruanische Fahrstil und die Qualität der Straßenbeläge mehr als gewöhnungsbedürftig für uns. In San Marcos angekommen kümmert sich ein Teil des Teams um eine Unterkunft für die Nacht, der Rest um Wasser für die Tage in den Bergen.
Nach einem Spießroutenlauf durch das Dorf und mit der Hilfe einer Einheimischen können wir 180 Liter in Karton-Kanistern auftreiben. Nach einer Nacht in einem spanischen Kolonialbau fahren wir in Kombis weiter in Richtung der Miene. Während der Fahrt beginnt es zu regnen und mit zunehmender Höhe sinkt auch spürbar die Temperatur. Darum sind wir recht froh, als wir uns nach dem Beladen der Tragtiere beim Marsch in Richtung der angepeilten Wände wieder etwas aufwärmen können. Vom dichten Nebel in der Sicht eingeschränkt beschließen wir auf einem auf 4200 hm gelegenem Kamm unser Lager aufzuschlagen und kriechen anschließend nass und ausgekühlt erstmals in unsere Zelte. Bis abends verbessert sich das Wetter nicht mehr, darum geht’s nur nochmals zum Kochen vor das Zelt, bevor wir uns schlafen legen.
Hungrig auf Erstbegehungen
Im ersten Tageslicht steigt die Stimmung schlagartig an, denn der Himmel ist nur noch von leichten Schleierwolken bedeckt und wir sind alle schon abenteuerhungrig. In kleinen Teams machen wir uns an den Aufstieg zu den Wänden von Huanca Punta, Cerro Tornillo und weiteren Gipfeln, deren Namen wir nicht in Erfahrung bringen können. Felix G., Tobi und Pete M. fällt in der Huanca Punta Südwand eine Linie in den Blick, wobei die ersten beiden Seillängen das Trio durch eine Verschneidung zu einem breiten Band führen.
Vor allem die erste Länge erfordert einiges an Putz-Einsatz, lässt sich dann aber gut mobil absichern. In der zweiten Länge setzen sie zwei Bolts, bevor sie an fixierten Seilen vom Band aus den Rückzug ins Tal antreten. Viki und Felix W. begeben sich an diesem Tag nach einer Seillänge in der Nähe der drei Jungs in Richtung Cerro Tornillo auf der Suche nach einer kletterbaren Linie. Der Rest des „Mienental-Teams“ steigt weitere 200 HM zu einer breiten Felswand auf, durch die bisher nur ganz rechts eine Route führt. Luggi und Motz starten im zentralen Wandteil in ein Risssystem, welches sich bereits in der ersten Seillänge als harte Nuss erweist. Nach zwei Stunden voll äußerst anstrengendem Gehämmere und Gebohre erreichen sie den ersten Stand und sind kurz davor das Vorhaben abzubrechen.
Doch die Beiden sehen in der Linie viel Potential und so erschließen sie an diesem Tag noch eine weitere Seillänge, fixieren die Seile und kehren spät abends ins Lager zurück. Simon, Peter L. und Much starten etwas weiter links zu Beginn in eine vielversprechende Verschneidung. Das Trio, welches ohne Bohrmaschine sein Glück versucht, wird aber erst beim dritten Anlauf mit einer sinnvollen Linie belohnt. Sie schaffen dadurch an diesem Tag nur die erste Seillänge einer ca. 250 m hohen Wand, fixieren bei einer Sanduhr ihr Seil und machen sich dann auf den Weg zurück ins Lager.
Warme Tage, kalte Nächte
Der wolkenlose Himmel über Nacht sorgt für einen Temperatursturz. Die Felspartien, die zuvor nass waren sind an diesem Tag mit einer dünnen Eisschicht bedeckt. Der Dreck in etwaigen Rissen ist nun gefroren. Davon lässt sich das Team aber nicht abschrecken und kurz nach Sonnenaufgang sind alle wieder unterwegs zu ihren Routen. Vicki schließt sich an diesem Tag dem Trio an der Huanca Punta an, denn Felix W. hat durch die widrigen Bedingungen erstmal genug vom Klettern. Als sie sich den Drei anschließt, haben diese eine sehr steile dritte Seillänge (mit einer Bewertung von 7a+ die Schlüssellänge der Tour) eingerichtet und erblicken von dort bereits die gewaltigen Wasserrillen über ihnen. Nur noch eine Länge trennt das Quartett von den einzigartigen Gebilden und diese wird von Tobi schnell überwunden.
Darauf folgen noch drei Seillängen über Wasserrillen, welche mit 3er und 4er Friends abgesichert werden können, bis auf den Kamm der Huanca Punta. So erreichen sie kurz vor Sonnenuntergang den Ausstieg. Felix G. muss leider früher umdrehen, denn ihm setzt die Höhe an diesem Tag etwas zu. Luggi und Motz jümarn am Morgen die ersten Längen hinauf und arbeiten sich dann mit Pecker, Schlaghaken und Co einen Riss entlang weiter nach oben. Insgesamt erschließen sie so drei weitere Seillängen, bevor sich der Tag dem Ende zuneigt.
Mit 50 bis 60 Meter Seillängen arbeiten sich inzwischen auch Simon, Peter und Much nach oben und nach vier weiteren, mobil abgesicherten Längen in zum Großteil sehr festem Gestein erreichen sie am frühen Nachmittag den Ausstieg ihrer Tour, welche sie später auf den Namen „Washasta ehweh (6b+)“, Quechua für Himmelsleiter, taufen. Einen weiten Abstieg wollen sich die Drei ersparen und so richten sie mit ein paar Schlaghaken und Reepschnur fünf Abseiler entlang der Route ein. Pünktlich zum gemeinsamen Abendessen trudeln alle wieder im Camp ein.
Der Lohn für die Mühen
Mit Sonnenaufgang beginnt der letzte Tag, den wir hier oben mit Klettern verbringen können. Das Techno-Duo begibt sich noch im Morgengrauen zurück zur Wand um ihre Tour an diesem Tag fertig zu stellen. Die Jümarei über die Fixseile hinauf wirkt der klirrenden Kälte entgegen und so sind Luggi und Motz halbwegs warm für die folgende Länge durch ein recht strukturloses Dach. Anschließend bessert sich die Felsqualität und sie klettern die beiden letzten Seillängen bis zum Ausstieg ihrer Tour, die am Ende den klingenden Namen „SandWurz“ (6a+/A1) bekommt.
Bevor sie Abseilen steigen die beiden noch über den Grat bis zum Gipfel auf und errichten dort einen Steinmann. Das Huanka Punta Quartett ist an diesem Tag noch mit dem Durchstieg einzelner Seillängen beschäftigt, ihnen folgen Simon, Peter und Much in ihre Route. An diesem Tag fühlt sich Simon leider nicht gut und dreht gemeinsam mit seinem Bruder Felix um. Zu Much und Peter gesellt sich Vicki, welche zuvor noch mit Felix die unteren Seillängen punkteten konnte. Das neu aufgestellte Trio folgt Tobi und Pete durch die Schlüsselseillänge. Im letzten Sonnenschein erreicht die Truppe den Ausstieg und kann so noch „Al Reves“ (7a+) Rotpunkt klettern. Äußerst zufrieden und glücklich über die Erlebnisse der letzten Tage treffen sich alle wieder beim Lager und stoßen auf die drei neu eingerichteten Touren an.
Am nächsten Morgen bekommt Luggi noch eine Einführung in die hohe Kunst des Eselreitens, bevor es für das „Minental-Team“ nach San Marcos und anschließend zurück nach Huaraz geht, wo sie bereits das „Santa Cruz Tal-Trio“ erwartet.
Das Projekt Junge Alpinisten wird unterstützt von Salewa, La Sportiva, AustriAlpin und Knox Versicherungsmanagement.
Ein großer Dank geht an die ZAMG für den zuverlässigen Wetterbericht via GPS während der Expedition sowie an weitere Unterstützer der Expedition: Osprey, hand.fest, HEAT, Alpenverein Edelweiss.