bergundsteigen #128 cover
Magazin Abo
Mit 2500 € vom Sponsor Salewa war der Förderpreis dotiert, den Laura Tiefenthaler aus der Hand von IPPG-Obmann Georg Bachler (links) und Laudator Gebhard Bendler erhielt. Foto: IPPG/Helmberge
25. Sep 2023 - 4 min Lesezeit

Paul-Preuss-Preis für Marko Prezelj und Laura Tiefenthaler

Zwischen der Ernsthaftigkeit des Alpinismus, außerordentlichen Leistungen und kritischen Denkanstößen: vergangenen Samstag wurde der Paul-Preuss-Preis zum 11. Mal verliehen.

Zu Ehren des Freikletterers Dr. Paul Preuss wurde vergangenen Samstag, dem 23. September, im Messner Mountain Museum auf Schloss Sigmundskron bei Bozen der Paul-Preuss-Preis an den Slowenen Marko Prezelj und die Tirolerin Laura Tiefenthaler verliehen. 

Nach der kurzen Eröffnungsrede von Reinhold Messner, in der er sich besorgt über den Untergang des wahren Alpinismus äußerte und die Bedeutung der Pioniere des Bergsports hervorhob, führten Alex Huber und anschließend Jan Mersch in die diesjährige Preisverleihung ein. 

Bergführer und Psychologe Jan Mersch erinnerte in seiner Laudatio vor allem an seine persönlichen Erinnerungen mit Prezelj: beim Internationalen Alpinismusmeeting in Chamonix 1998 sowie später beim Eisklettern im Kärntner Maltatal, indem Mersch Prezeljs Kletterkönnen an einer „nicht absicherbaren“ Mixed-Route hervorhob. Das sei „Marko pur – Leidenschaft, Herausforderung, Abenteuer, Exploration und Kreativität“, so Mersch.

Dem Alpinstil treu: Marko Prezelj

Paul-Preuss-Preisträger Marko Prezelj mit IPPG-Obmann Georg Bachler (links) und Laudator Jan Mersch. Foto: IPPG/Helmberger
Paul-Preuss-Preisträger Marko Prezelj mit IPPG-Obmann Georg Bachler (links) und Laudator Jan Mersch. Foto: IPPG/Helmberger

Der slowenische Extremkletterer Marko Prezelj, der eigentlich ein Skeptiker ist, wenn es um Preise im Bergsport geht, wurde mit dem Paul-Preuss-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Bei der Verleihung des Piolet d’Or, den er als einziger viermal erhielt, kritisierte der Slowene die Vergleichbarkeit des Bergsteigens, die ohnehin unmöglich sei. Jede habe ihren eigenen Wert, ihre eigenen Emotionen. 

Der 57-Jährige hat zahlreiche extrem anspruchsvolle Routen eröffnet – viele im Himalaya und im Karakorum, an Sechs- wie an Achttausendern – im Alpinstil, also ohne zusätzliche Unterstützung, Sauerstoff oder Fixseile. So er öffnete er 1991 mit nur 25 Jahren zusammen mit Andrej Štremfelj eine neue Route in der Südwand des Kangchendzönga (8586 m). Prezelj ist Chemieingenieur, Bergführer und Ausbilder. 

Ärztin, Bergführerin und Kletterin: Laura Tiefenthaler

Mit 2500 € vom Sponsor Salewa war der Förderpreis dotiert, den Laura Tiefenthaler aus der Hand von IPPG-Obmann Georg Bachler (links) und Laudator Gebhard Bendler erhielt. Foto: IPPG/Helmberge
Mit 2500 € vom Sponsor Salewa war der Förderpreis dotiert, den Laura Tiefenthaler aus der Hand von IPPG-Obmann Georg Bachler (links) und Laudator Gebhard Bendler erhielt. Foto: IPPG/Helmberger

Preisträgerin des zum dritten Mal vergebenen Jugendförderpreises ist die 27-jährige Tirolerin Laura Tiefenthaler, die im vergangenen Jahr mit der Integral-Traverse der Drei Zinnen (zusammen mit Babsi Vigl) auf sich aufmerksam machte. Wenige Monate zuvor gelang ihr mit der Solobegehung der Heckmairroute in der Eiger-Nordwand in rund 15 Stunden die vermutlich erst zweite Solobegehung nach Catherine Destivelle 1992, die 2021 ebenfalls mit dem Paul-Preuss-Preis ausgezeichnet wurde. Laura Tiefenthaler war Mitglied im Exped-Kader des Deutschen Alpenvereins (DAV), hat inzwischen ihr Medizinstudium abschlossen und nun ihre Zusatzausbildung zur Allgemeinmedizinerin absolviert und ist ausgebildete Bergführerin. 

Jung & stark: Laura Thiefenthaler im Interview mit der bergundsteigen

Wie auch Paul Preuss verfolge sie ihre bergsteigerische Tätigkeit mit humorvoller Art und der „Lust aufs Leben“, wie bergundsteigen Chefredakteur Gebhard Bendler in seiner Laudatio sagte.

Gebi Bendler ließ in der Laudatio für Laura Tiefenthaler nicht nur deren bergsteigerische Entwicklung Revue passieren, sondern ging auch auf die Veränderung und Entwicklung des Alpinismus aus feministischer Perspektive ein. „Die körperliche Beschaffenheit des Weibes ist im allgemeinen doch zarter als die des Mannes, außerdem darf sich die Frau nicht jederzeit körperlichen Anstrengungen aussetzen. Gehe nicht in die Berge zu dem ausgesprochenem Zweck, einen Mann zu bekommen oder Liebeständeleien nachzugehen; das kannst du zuhause billiger haben“, zitierte er den Kaiser Local Franz Nieberl, der in seinem 1909 veröffentlichten Büchlein auch Tipps an die Frauen an. Der ironische, aber zugleich geringschätzende Blick auf Kletterinnen und Bergsteigerinnen, so Gebi Bendler, habe sich Gott sei Dank gewandelt. 

Weiter zum Nachdenken anregend, zitierte der Chefredakteur den Alpinisten, Patagonien-Insider und Bergführer Rolo Garibotti, der sich ebenfalls kritisch zu Preisen im Alpinismus äußerte: „Die Auswahl von Gewinnern ist kein guter Weg, um ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen, und ist bei einer riskanten Aktivität wie dem Alpinismus giftig. Wenn jedes Jahr einige der Besten sterben, wenn sie versuchen, die Messlatte zu verschieben, müssen wir die Zielvorgaben überdenken und Verzicht und gute Entscheidungen als Maßstäbe für den Erfolg einbeziehen.“ Als Chefredakteur eines Magazins für Risikomanagement bleibe ihm gar nichts anderes über, als diese Bedenken auch bei der Preisverleihung vorzubringen, so Bendler.

„Das Können ist des Dürfen Maß“: Paul Preuss Preisverleihung

Mehrere bisherige Preisträger (neben Reinhold Messner) waren zur 11. Preisverleihung gekommen (von links): Mich Kemeter, Heinz Mariacher, Hanspeter Eisendle, Bernd Arnold, Alexander Huber, Marko Prezelj und Laura Tiefenthaler. Foto: IPPG/Helmberger
Mehrere bisherige Preisträger (neben Reinhold Messner) waren zur 11. Preisverleihung gekommen (von links): Mich Kemeter, Heinz Mariacher, Hanspeter Eisendle, Bernd Arnold, Alexander Huber, Marko Prezelj und Laura Tiefenthaler. Foto: IPPG/Helmberger

Der österreichische Bergsteiger Paul Preuss (1889 – 1913) gehörte zu den stärksten Kletterern seiner Zeit. Er war für seinen kompromisslosen Stil bekannt: Er lehnte jegliche Sicherungs- und Hilfsmittel ab. In seinem kurzen Leben machte der promovierte Alpinist über 1200 Fels-, Ski- und Hochtouren, darunter 150 Erstbegehungen und 300 Touren im Alleingang. So kletterte Preuss 1911 beispielsweise im Alleingang durch die Totenkirchl Westwand im Kaisergebirge. Am 13. Oktober 1913 stürzte Preuß im Alter von 27 Jahren aus dem oberen Abschnitt der Nordkante des Mandkogelns im Dachsteingebirge tödlich ab. 

In den letzten Jahren gingen die Paul-Preuss-Preise an Reinhold Messner, Hanspeter Eisendle, Albert Precht, Hansjörg Auer, Alexander Huber, Beat Kammerlander, Bernd Arnold, Heinz Mariacher, Catherine Destivelle und Thomas Huber. 

Der von Salewa gesponserte Förderpreis ist mit einem Geldpreis verbunden und wird nunmehr seit zehn Jahren vergeben. Gekommen waren in diesem Jahr zahlreiche Gesichter des Alpinismus (z.B. Sigi Hupfauer), Kletterer wie Alex Huber oder junge Talente wie Luca Lindic, Alex Luger oder Mich Kemeter.