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Adam Ondra in Montanejos, Spanien. Foto: Petr Chodura
20. Jun 2024 - 7 min Lesezeit

Ondra/Schubert: «Ziel ist es, die eigene Marke zu verkaufen»

Teil III unseres Interviews: Adam Ondra und Jakob Schubert über Social Media, Sponsoring und Geldverdienen.

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bergundsteigen: Jakob, am 20. September 2023 hast du nicht nur Project Big geknackt, sondern hast über einen Livestream ein Millionenpublikum gehabt. Hättest du zum Livestream kurzfristig auch nein sagen können?

SCHUBERT: Schon. Es war ja mein Livestream. Andererseits bringst du natürlich dieses ganze Video-Team mit nach Flatanger und zahlst dafür. Das spricht dafür, dass man es dann auch einfach durchzieht.

Was war deine Motivation für den Stream? 

SCHUBERT: Ich wollte meine Fans und diejenigen, die sich für unser Klettern interessieren, an diesem Versuch teilhaben lassen. Im Grunde war es mir nicht so wichtig, ob ich die Route im Livestream sende oder nicht – Hauptsache, die Leute fiebern mit und erleben, was es für jemanden wie uns bedeutet, sich an einer so schwierigen Route zu versuchen. Ich fühlte mich durch den Stream nicht zusätzlich unter Druck gesetzt. Sondern hab‘ mich gefreut, zeigen zu können, wie ich klettere und wie gut ich die Route mache. Natürlich war es dann umso cooler, dass ich es auch geschafft habe.

Den Durchstieg von Project Big konnten Fans von zu Hause live mitverfolgen.

Die Reaktionen zum Stream waren sehr positiv.

SCHUBERT: Ich glaube in Zukunft wird es das öfter geben. Wir haben gezeigt, dass man einen Livestream professioneller machen kann als per Handy. Project Big war aber auch besonders gut dafür geeignet: In der Höhle hat man seltsamerweise eine gute Internetverbindung. Zudem lässt sich die Route aus verschiedenen Blickwinkeln sehr gut zeigen. Von oben sieht man die ganze Route ein, was es einfach macht, sie zu filmen. Außerdem ist die Route so lang und schwierig, dass man nur einen, maximal zwei Versuche am Tag unternehmen kann. 

Das kommt einem Livestream natürlich entgegen, weil man sagen kann: Okay, ich werde diesen einen Versuch am Tag machen, es wird wahrscheinlich 15 Minuten dauern, schaut doch mal rein. Bei einem Boulder könnte es viel langweiliger sein, weil man nie weiß, wann in den drei Stunden etwas Spannendes oder Entscheidendes passiert. Ich bin froh, dass wir es ausprobiert haben.  Wenn es mal wieder so eine Möglichkeit gibt, mache ich das gern wieder. 

Ondra und Schubert zusammen in Flatanger, Norwegen. Foto: Petr Chodura
Ondra und Schubert zusammen in Flatanger, Norwegen. Foto: Petr Chodura

Ihr werdet beide von Mammut gesponsert. Bedeutet das, dass ihr – was Online-Sichtbarkeit oder Klickzahlen angeht – in gewisser Weise konkurriert?

SCHUBERT: Nein, das glaube ich nicht. Ich meine, in Bezug auf Klicks oder Follower auf YouTube und Instagram, haben wir beide ganz offenkundig nicht die gleichen Zahlen – ich habe einfach nicht so viele Follower und Klicks wie Adam. Vielleicht ist es eines Tages anders. 

Als Profisportler ist man seine eigene Marke. Das Ziel ist es, diese Marke zu entwickeln. 

Jakob Schubert

Man ist seine eigene Marke und muss diese entwickeln: Durch Erfolge bei Wettkämpfen, aber auch durch interessanten Content, durch die Präsenz im Fernsehen, in den sozialen Medien oder wo auch immer, damit man für Sponsoren attraktiv ist. Wenn ich mit einem Sponsor zusammenarbeite, möchte ich mein Geld wert sein. Ich denke, dass wir beide unsere Sponsoren sehr sorgfältig auswählen. Es ist nicht so, dass ich mit jeder Marke zusammenarbeite, nur weil sie mir Geld zahlt. Es müssen schon Marken sein, mit denen ich gerne zusammenarbeite. Aber das hat eigentlich nichts mit dem anderen Athleten zu tun, der beim gleichen Sponsor unter Vertrag ist. 

ONDRA: Das Wichtigste ist für uns nach wie vor, die besten Kletterer zu sein, die die wir sein können. Und nicht, das meiste Geld zu verdienen. Natürlich ist es schön, das nötige Geld zu haben, um …

SCHUBERT: …. auch Profikletterer müssen irgendwann mal Geld verdienen.

Viele Leute mussten sich in der Kletterszene für zu wenig Geld verkaufen. 

Jakob Schubert

ONDRA: Genau, aber wir haben auch einige Prinzipien, von denen wir nicht abrücken. Mein oberstes Ziel ist es, in meinem Leben glücklich zu sein. Und um in meinem Leben glücklich zu sein, brauche ich auch etwas Geld. Aber es ist nicht mein ultimatives Ziel, so viel Geld wie möglich zu verdienen. 

SCHUBERT: Es geht nicht darum, reich zu werden, aber man möchte das Geld verdienen, das man wert ist. Früher war es in der Kletterszene ein Problem, dass sich viele Leute für viel zu wenig Geld verkaufen mussten. Einige Marken haben das ausgenutzt – und zum Beispiel, übertrieben gesagt, einem Weltmeister ein 500-Euro-Budget für Klamotten gegeben.

Adam, für dein Geschäftsmodell als Profikletterer ist deinen YouTube-Kanal sehr wichtig. Ist es schwierig, das Klettern und diesen Social-Media-Kanal unter einen Hut zu bringen? 

ONDRA: Ich habe ein tolles Team, mit dem ich schon seit vielen Jahren zusammenarbeite und dem ich vertraue. Sie nehmen mir eine Menge Arbeit ab. Es geht dabei auch nicht nur um mich und Adam Ondra als Marke. Es geht auch darum, Klettern, diesen fantastischen Sport, sichtbarer zu machen. Das ist erfüllend und sinnvoll. 

Wie groß ist dein Video- und Social-Media-Team? 

ONDRA: Ich habe drei Leute, die Vollzeit für mich arbeiten. Zusätzlich arbeiten wir mit vielleicht acht weiteren zusammen, die für uns filmen und schneiden. Beim Filmen macht es mir jedoch mehr Spaß, immer wieder mit verschiedenen Leuten zu arbeiten. Die Kombi aus festem Team und Freelancern funktioniert wirklich gut. 

Jakob, wie bist du organisiert? 

SCHUBERT: Mein YouTube-Kanal ist lange nicht so groß wie der von Adam. Ich habe ein Management und dort jemanden, der mir bei den sozialen Medien hilft. Normalerweise mache ich die meisten Beiträge immer noch selbst. Ich habe auch ein Budget für YouTube-Videos und andere Inhalte. 

Schaust du auf die Zahlen deiner Accounts?

SCHUBERT: Eigentlich nie. Es bedeutet mir nicht so viel. Klar, ich mache soziale Medien und all diese Dinge, das ist Teil unseres Jobs. Außerdem ist Klettern ein Sport, der visuell sehr attraktiv ist. Da ist es einfacher als im Schwimmen oder in der Leichtathletik coole Geschichten zu produzieren. Wenn wir damit Leute dazu bringen, unseren Sport auszuprobieren – umso besser! Das gäbe dem, was wir in den sozialen Medien machen, einen höheren Sinn. 

Perfekt für Social Media: Aufnahmen wie diese. Adam Ondra in Bon Voyage (9a), Frankreich. Foto: Petr Chodura
Perfekt für Social Media: Adam Ondra in Bon Voyage (9a), Frankreich. Foto: Petr Chodura

Dann postet ihr selbst die Beiträge?

SCHUBERT:  Manchmal hat derjenige, der mich in meiner Social-Media-Arbeit unterstützt, schon etwas vorbereitet. Ich lese das und ändere es – je nachdem – ein wenig ab. Andere Beiträge sind komplett von mir selbst. 

Wir sind beide nicht wahnsinnig gerne in den sozialen Medien aktiv. 

Jakob Schubert

ONDRA: Ich produziere die Posts nicht wirklich selbst, ich habe jemanden, der das für mich macht, damit auch das Timing stimmt. Aber der Text dazu, der ist zu 99 Prozent immer von mir. Natürlich bin ich auch den Sponsoren verpflichtet. Manche Posts gibt es, weil ich sie veröffentlichen muss.

SCHUBERT: Wir sind beide nicht die Typen, die wahnsinnig gerne in den sozialen Medien aktiv sind. Es gibt Leute, die das gerne machen, und das ist auch okay so und gut für die Kanäle. Aber letztlich klettern wir viel lieber als dass wir posten. 

Abschließend noch die Frage: Was sind eure Pläne für das Jahr 2024? 

ONDRA: In erster Linie natürlich Olympia. Aber auch, BIG zu klettern. Ich möchte für Olympia so fit wie möglich sein und dann, im Herbst, wieder am Fels klettern. Vielleicht kann ich dann auch DNA probieren. 

Jakob, deine Pläne für 2024?

SCHUBERT: Hauptsächlich versuche ich, meine Schwächen zu verbessern, wie Platten und Dynos. Ich werde also hauptsächlich bouldern, und versuchen mich so gut wie möglich für Olympia vorzubereiten. Nach der Olympiade geht es wahrscheinlich wieder nach Mallorca zum Deep Water Soloing. Das habe ich schon nach der letzten Olympiade gemacht und es war unglaublich. Und hoffentlich probiere ich DNA zusammen mit Adam.

Jakob Schubert wiederholt die Alasha auf Mallorca. Foto: Alpsolut Pictures, Sebastian Marko
Jakob Schubert wiederholt die Alasha auf Mallorca. Foto: Alpsolut Pictures, Sebastian MarkoPhoto by ALPSOLUT Pictures / Sebastian Marko