Nicht überall am Berg hat man Handyempfang. Ein Überblick über Möglichkeiten und Grenzen unterschiedlichster Alarmierungs-Tools.
Eines vorweg: In Zeiten von Starlink1, 5G2 und Co. schreitet die Entwicklung in der weltweiten Kommunikation so rasant voran, dass die Aktualität dieses Artikels vermutlich nur von kurzer Dauer sein wird. Nichtsdestotrotz wollen wir eine Momentaufnahme erstellen und etwas Licht in den Notruf-Dschungel am Berg bringen.
„Welcher Dschungel?“, wird sich jetzt die nicht bergsteigende Person fragen, denn im besiedelten Raum ist der Kuchen seit der Einführung der europäischen Notrufnummer schnell gegessen: Man wählt – die Netzabdeckung ist kein Thema – die 1123 und in der Regel ist in wenigen Minuten die angeforderte Blaulichtorganisation vor Ort. Wir Alpinsportler:innen wissen allerdings, dass die Sache oben am Berg leider nicht ganz so trivial ist …
10 seconds for 10 minutes
Bevor wir einen Notruf absetzen, gilt es ganz allgemein, einige wenige, dafür aber umso wichtigere Dinge abzuchecken. Dabei lautet die goldene Regel „10 seconds for 10 minutes“ oder anders ausgedrückt „Ruhe bewahren, Überblick verschaffen“:
Was genau ist passiert?
Drohen weitere Gefahren? Achtung: Selbstschutz geht vor Rettung!
Ist eine sofortige Evakuierung der verunfallten Person aus einem Gefahrenbereich notwendig?
Ehestmöglich mit der Ersten Hilfe nach dem (cr)ABCDE-Schema beginnen.
Sofort Notruf absetzen, wenn ohne Zeitverlust möglich.
Beim Notruf führt der sogenannte „Call-Taker“ der jeweiligen Leitstelle das Gespräch. Dafür sind wir auf folgende Fragen vorbereitet:
Wo genau ist der Unfall passiert?
Wer meldet den Unfall?
Was genau ist passiert?
Wie viele Personen sind betroffen?
Wichtige Details zur Situation wie Unfallzeitpunkt, Vitalfunktionen, Symptome etc.?
Bestehen weitere Gefahren z. B. durch Wetter?
Szenario 1: kein Mobilfunknetz
Das Hauptproblem liegt darin, dass uns am Berg oder in der sprichwörtlichen „Pampa“ – beispielsweise auf Reisen – noch immer kein flächendeckendes Mobilfunknetz zur Verfügung steht, um einen Notruf abzusetzen. Und leider ist „kein (Mobilfunk-)Netz“ gleichbedeutend mit „kein Notruf“. Um diese Problematik zu lösen, sind unsere Mittel mehr als bescheiden (Abb. 1).
Alpines Notsignal.
Zum einen haben wir natürlich immer die Möglichkeit, das alpine Notsignal abzusetzen: Dabei geben wir in regelmäßigen Abständen – optisch in Form von Lichtsignalen und/oder akustisch in Form von Pfiffen – sechs Zeichen hinter- einander ab, dazwischen machen wir eine Pause von einer Minute (Abb. 2).
Standortwechsel.
Zudem können wir durch einen Standortwechsel versuchen, Mobilfunkempfang zu erhalten. Diese Möglichkeit ist aber sehr stark von der Gesamtsituation abhängig: In welchem Zustand ist/sind der/die Verletzte/n? Welche Gefahren bestehen bei einem Standortwechsel? Wie groß ist die Gruppe und wie groß ist überhaupt die Chance, zeitnah Mobilfunkempfang zu erhalten? In Abwägung dieser Rahmenbedingungen kann man „im Idealfall“ zwei Personen gemeinsam schicken, um zu versuchen, über ein Mobilfunknetz (Exemplarischer Link zur A1-Mobilfunk-Netzabdeckung in Österreich.) einen Notruf abzusetzen.
Funkgerät.
Im Gegensatz zu Österreich war und ist in der Schweiz die Mitnahme eines Funkgerätes für professionelle Führungskräfte gang und gäbe. Dazu Christian Andermatt, Bergführer und Fachleiter Ausbildung Winter vom SAC: „In der Schweiz haben insbesondere Bergführer älteren Semesters immer noch ein Funkgerät dabei. Hauptsächlich wegen der Alarmierung infolge eines Unfalls bei fehlender Handynetz-Abdeckung. Die meisten Funkgeräte sind Rega4-Funkgeräte, welche auf die Relaisstationen des Rega-Funknetzes zugreifen. Diese haben aber keine freie Frequenzwahl.“
Szenario 2: Satellitenkommunikation
Eine Alternative für Personen, die häufig in Regionen ohne Mobilfunk-Netzabdeckung unterwegs sind, ist die Kommunikation via Satellitennetz. Im Moment stehen uns vier Satellitennetze zur Verfügung. Dabei ist das Iridium-Netz das einzige Satellitennetz mit einer weltweiten Netzabdeckung, Inmarsat hat – außer an den Polen – ebenfalls eine sehr gute Netzabdeckung, Globalstar und Thuraya sind hingegen nicht weltweit flächendeckend.
Für die Kommunikation via Satelliten braucht es – mit einer Ausnahme, aber dazu später mehr – eigene Geräte, die durch die Bank natürlich mit Anschaffungs- und laufenden Kosten verbunden sind. Dabei ist das „klassische“ Satellitentelefon die Deluxe-Variante, mit der man jede Nummer (mit Vorwahl) in terrestrischen Netzen erreichen und wie gewohnt telefonieren kann.
Hat man nicht das Bedürfnis, immer und überall uneingeschränkt telefonieren zu können, sondern will man einzig ein Backup für den Notfall, bieten sich sogenannte Messenger an. Für den Bergsportbereich kommen hierfür die Geräte von SPOT und Garmin in Frage.
Die Geräte SPOT Gen4 (Abb. 3) und SPOT X (Abb. 4) arbeiten beide im nicht ganz flächendeckenden Globalstar-Netzwerk (schade für Bergsteiger:innen, denn leider deckt das Globalstar-Netz die Himalaya-Regionen nicht ab). Sie senden den Notruf an die rund um die Uhr besetzte Focus-Point-International-Notrufzentrale mit Sitz in Miami, Florida. Diese Zentrale alarmiert anschließend die jeweilige Notrufnummer im terrestrischen Netz (z. B. die 112 in Europa bzw. die 911 in den USA).
SPOT Gen4
UVP 189,99 €
Globalstar-Netzwerk
SOS-Notruf Focus Point Int.
Tracking
Check-in (einfache Okay-Mitteilung)
Ein-Weg-Kommunikation
Akkulaufzeit: 1250 Nachrichten
Kosten: ab 17,97 €/Monat bei Jahresvertrag
In der Schweiz kann man seit 2021 die Rega (Luftrettung) mit der Nummer 076 6011414 direkt mit einem Satellitenmessenger (SPOT oder inReach) ohne Umweg über die USA und damit ohne zeitliche Verzögerung alarmieren.5 Mit dem kleineren SPOT Gen4 ist neben dem Absetzen des obligatorischen SOS-Notrufes auch Tracking sowie Ein-Weg-Kommunikation möglich. Das größere SPOT X bietet zudem das Feature einer bidirektionalen Kommunikation via Messenger, es hat in dieser Funktion aber eine minimal kleinere Netzabdeckung.
Im Bereich der GPS-Navigation ist Garmin schon lange Marktführer. Mit der Übernahme von DeLorm ist der US-Konzern 2016 auch in die 2-Wege-Satellitenkommunikation eingestiegen. Die Geräte von Garmin verwenden das Iridium-Netz mit 100 % Abdeckung weltweit. Die Notrufe gehen dabei an die 2020 von Garmin übernommene Notrufzentrale IERCC6 (ehemals GEOS) mit Sitz in Montgomery, Texas.
Garmin inReach Messenger
Abb. 5 Garmin inReach Messenger
UVP 299,99 €
Iridium-Netzwerk (100 % globale Abdeckung)
SOS-Notruf 24/7 an International Emergency Response Coordination Center (IERCC)
Zwei-Wege-Kommunikation mittels App
teilen der Positionen, Koordinaten per
Textnachricht senden
TrackBack Routing
Wetterinformationen
Akkulaufzeit bis 28 Tage
Kosten: ab 19,99 €/Monat, 14,99 €/Monat bei Jahresvertrag
Der kleinere Garmin inReach Messenger (Abb. 5) kann neben dem Absetzen eines SOS-Notrufs über die Messenger-App auch bidirektional kommunizieren und Wetterdaten empfangen. Zudem können Positionen geteilt und Koordinaten per Textnachricht versendet werden. TrackBack Routing ist ebenfalls möglich.
Mit dem etwas größeren Garmin inReach Mini2 (Abb. 6) kann man zudem GPS-navigieren, außerdem verfügt das Gerät über einen digitalen Kompass.
Garmin in Reach Mini 2
Abb. 6 Garmin inReach Mini2
UVP 399,99 €
Iridium-Netzwerk (100 % globale Abdeckung)
SOS-Notruf 24/7 an International Emergency Response
Coordination Center (IERCC)
Zwei-Wege-Kommunikation
teilen der Positionen, Koordinaten per Textnachricht senden
GPS-Navigation
TrackBack Routing
Wetterinformationen
digitaler Kompass
Akkulaufzeit bis 14 Tage
Kosten: ab 19,99 €/Monat, 14,99 €/Monat bei Jahresvertrag
Mit dem iPhone 14 von Apple (Abb. 7) wird ein neues Kapitel zum Thema Notruf aufgeschlagen: Erstmals ist es möglich, an einem Ort ohne Mobilfunk-Netzabdeckung mit einem „herkömmlichen“ Telefon einen Notruf via Satellit abzusetzen. Dabei verwendet Apple (leider) das nicht flächendeckende Globalstar-Netzwerk, weshalb der Dienst in den Bereichen nördlich des 62. Breitengrades nicht funktioniert.
Abb. 7 Mit dem Apple iPhone 14 lässt sich seit diesem Jahr auch in Österreich ein Notruf via Satellit absetzen.
„Notfall via Satellit“ ist in den USA, Kanada, Frankreich, Deutschland, Irland, Großbritannien und seit Ende März mit iOS 16.4 auch in Österreich, Belgien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Portugal verfügbar (Abb. 13). Abgesetzt wird der Notruf per Notruf-Button am Display, die bidirektionale Kommunikation erfolgt per SMS-Texteingabe.
Inzwischen hat das britische Telekommunikationsunternehmen Bullit, zu dem die Marke CAT Phones gehört, mit dem CAT S75 ein Handy mit Android-Betriebssystem herausgebracht, das ebenso wie das iPhone 14 Satellitenkommunikation ermöglicht. Im Vergleich zum iPhone ist es preisgünstiger und während momentan die Satellitenkommunikation beim iPhone 14 lediglich für Notrufe funktioniert, erweitert CAT die Funktion auch auf gewöhnliche Textnachrichten und auf das Live-Tracking des eigenen Standortes durch Freunde oder Familie.
Bullitt und Motorola haben zudem eine Markenpartnerschaft geschlossen und mit dem Motorola Defy 2 ein weiteres Outdoorhandy für die Satellitenkommunikation angekündigt. Ebenso bieten sie mit dem Motorola Defy Satellite Link (Abb. 8) ein Gerät an, das jedes Android-Smartphone ab Android 10 und jedes Apple iPhone ab iOS 14 an den Satelliten-Messaging-Dienst von Bullit anbinden kann.
Motorola Defy Satellite Link
Abb. 8 Motorola Defy Satellite Link
UVP 179,00 €
Mit den Abmessungen 8,5 x 6,2 x 1,1 cm und 70 Gramm ein sehr handliches Gerät.
Im Vergleich dazu:
Garmin Messenger: 7,8 x 6,4 x 2,3 cm und 114 Gramm
inReach Mini 2: 5,17 x 9,90 x 2,61 cm, 100 Gramm.
Der Satelliten-Hotspot wird per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden und mit einer App kann man dann das Smartphone als Zwei-Wege-Satelliten-Messenger nutzen, also nicht nur Notrufe absetzen, sondern auch privat chatten. Der Haken bei Bullit ist die Abdeckung (Abb. 9). Momentan funktioniert die Satellitenkommunikation nur in den USA und in Europa. Bald soll Kanada hinzukommen und Teile der Südhalbkugel.
Abb. 9 Bullit-Satelliten-Abdeckung. Im Großteil von Europa und den USA funktioniert die Kommunikation schon. Kanada und Teile der Südhalbkugel sollen noch im Laufe von 2023 folgen.
Ausblick
Wie eingangs erwähnt, ist die Entwicklung im Bereich der globalen Kommunikation via Satellit – die USA machen es uns bereits vor – rasant. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir mit unseren herkömmlichen Smartphones diese Technologie vollumfänglich nützen und weltweit uneingeschränkt telefonieren können…
Szenario 3: Mobilfunk-Fremdnetz verfügbar
Aber bis es so weit ist, wollen wir das nächste Szenario genauer unter die Lupe nehmen: Wir haben kein eigenes Netz, können aber über ein fremdes Netz den Notruf absetzen (Abb. 10). In dieser Konstellation sind weder Apps noch der Alpinnotruf 140 möglich, dafür funktioniert die europäische Notrufnummer 112.
Abb. 10 Fremdnetz verfügbar. Welche Notrufmöglichkeiten gibt es in Österreich?
Galt seit jeher die Empfehlung „SIM-Karte rausnehmen und statt PIN die 112 wählen“, um einen Notruf abzusetzen, müssen wir dafür heute einfach den Button „nur Notruf möglich“ (oder so ähnlich, je nach Betriebssystem) am Smartphone drücken. In Österreich ist die 112 Angelegenheit des Bundesministeriums für Inneres (BMI) und wird somit von der Polizei bedient.
„Die Anrufe schlagen in der Landesleitzentrale (LLZ) der Polizei des jeweiligen Bundeslandes auf und können im Bedarfsfall auch an die zuständige Rettungs-Leitstelle weitergeleitet werden“7, weiß Oberstleutnant Viktor Horvath, Leiter der Alpinpolizei Tirol und stellvertretender Leiter der Alpinpolizei Österreich. Auf die Frage nach der automatischen Weitergabe von Standortdaten durch AML (Advanced Mobile Location)8 erklärt Horvath weiter, dass das Betriebssystem der Landesleitzentrale zwar AML-ready ist, die Technologie aber aus datenschutzrechtlichen Gründen noch nicht eingesetzt werden kann9.
Allerdings gibt es seit Mitte Februar 2023 in Österreich die Möglichkeit einer punktgenauen SMS-Ortung. Um diese durchführen zu können, fordert der Notruf-Agent in der Landesleitzentrale den Notrufenden auf, ihm eine SMS zu senden. Der Notrufende muss dafür über ein Smartphone mit Internetzugang bzw. LTE-Empfang verfügen. Der Notrufenden erhält dann einen Link, mit dessen Bestätigung die GPS-Daten des Handys an die Landesleitzentrale übermittelt werden. Eine Handy-Ortung auf Grundlage des Telekommunikationsgesetzes (TKG) wird im Notfall automatisch durchgeführt, d. h., man sieht im Umkreis von einigen Metern, in welchem Handymasten der Anrufer eingeloggt ist oder zuletzt eingeloggt war.
Die Genauigkeit der Handyortung hängt von der Funkzellengröße ab. „Eine genaue Angabe über den Radius lässt sich hierbei nicht treffen, es können 20 oder auch 2000 Meter sein, da die Entfernungen sehr stark variieren und von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängen, die sich positiv oder negativ auf die Entfernungen auswirken können – z. B. Wetter, Örtlichkeit, Signalstärke, Art des Handys usw.“, erläutert Horvath.
Szenario 4: eigenes Mobilfunknetz verfügbar
Abb. 11 Was tun in den österreichischen Alpen, wenn eigenes Netz vorhanden?
Im letzten Szenario können wir aus dem Vollen schöpfen. Neben dem Euronotruf 112 (diesen kann man übrigens mit entsprechender Vorwahl – z. B. +43 512 für Innsbruck – auch aus dem Ausland wählen und gelangt dann z. B. zur LLZ Tirol) stehen uns nun auch der Bergrettungs-Notruf 140 sowie alle möglichen Alarmierungs-Apps zur Verfügung.
Sollte das eigene Netz zu schwach zum Telefonieren sein, haben wir zudem die Möglichkeit, über den Gehörlosen-Notruf 0800 133 133 der Polizei Wien eine Notfallmeldung per SMS abzusetzen (Abb. 12).
Abb. 12 Die wichtigsten Satellitenkommunikationssysteme im Überblick. Wo geht der Notruf hin?
140
Da in Österreich die 140 (ebenso wie die 133 und 144) Bundesländersache ist, organisieren die jeweiligen Bundesländer diese Dienste in der Regel über eigene Leitstellen10 bzw. Landeswarnzentralen11. Bei einem Alpin-Notfall in Österreich ist es im eigenen Netz auf alle Fälle günstiger, die 140 statt der 112 zu wählen.
Warum? Man ist direkt mit der Leitstelle verbunden, die a.) ein eigenes, genaueres Abfrageprotokoll sowie speziell auf Alpinunfälle geschultes Personal hat und b.) den Einsatz direkt an die Rettungskräfte vor Ort disponiert. Anders als bei der 112 kann die 140 (zumindest in Tirol und Niederösterreich) AML-Daten empfangen. Dadurch ist auch der Dienst, die Positionsdaten per Rückbestätigungs-SMS zu übermitteln, obsolet.
Übrigens kann man die 140 mit entsprechender Vorwahl auch aus dem Ausland erreichen, was aber in Summe wenig sinnvoll ist, da keine Einsätze abgewickelt werden können. Also ist es jedenfalls besser, die lokale Notrufnummer (i. d. R. 112 in Europa) zu wählen.
Notrufnummern alpenweit
In Deutschland gibt es nur mehr eine Notrufnummer, die 112. In der Schweiz führt die 112 in die Alarmzentrale der Polizei. Diese leitet den Notruf dann weiter an die schweizerische Rettungsflugwacht Rega oder an die kantonale Walliser Rettungsorganisation KWRO. Daher kann man, um Zeit zu sparen, direkt bei der Rega-Notfallnummer anrufen: +41 333 333 333 (für Handy mit SIM-Karte eines nichtschweizerischen Netzbetreibers) bzw. 14 14 (mit Schweizer SIM-Karte).
Im Kanton Wallis gibt es noch die Notfallnummer 144 der Rettungsorganisation KWRO. Doch auch im Wallis funktionieren die Reganotfallnummern. In Frankreich gelangt man mit der 112 oder der Rettungsnotrufnummer 15 an die nächstgelegene Rettungsleitstelle. In der Region um Chamonix lohnt es sich, bei einem Alpinunfall, direkt die Bergrettungszentrale der Peloton de Gendarmerie de Haute Montagne (PGHM) anzurufen: 0033 450 53 16 89. Diese ist rund um die Uhr (24 Std./7 Tage die Woche) besetzt.
In Südtirol und Italien ist inzwischen die Euronotrufnummer 112 die bevorzugte Nummer für Alpinunfälle. Die noch funktionierende Rettungsnotrufnummer 118 (mit ausländischer SIM-Karte besser 0039 vorwählen) soll langfristig abgeschaltet werden.
Apps
Für die Nutzung von Notfall-Apps braucht es mobile Daten, d. h., wir müssen uns im 3G-, 4G- oder 5G-Netz befinden. Haben wir eines dieser Netze zur Verfügung, können wir mittels App eine Notfallmeldung inklusive GPS-Positionsdatenübermittlung absetzen. „Für den Raum Bayern, Tirol und Südtirol ermöglicht die App SOS-EU-Alp diesen Service über das Smartphone. Dabei werden die Standortdaten im Notfall direkt an die zuständige Leitstelle (Tirol, Südtirol oder Bayern) übermittelt und eine direkte Sprachverbindung wird aufgebaut.
Abb. 13 Eigenes Netz vorhanden: Welche Apps funktionieren in den Alpen?
So kann in weiterer Folge eine rasche Hilfe eingeleitet werden. Außerhalb von Tirol, Südtirol und Bayern erfolgt die Notfallmeldung in Form eines aktiven Anrufes an den Euro-Notruf 112. Positionsdaten werden dabei aber nicht übermittelt“, weiß Stefan Holleis von der Leitstelle Tirol. Die App kann im Notfall aber immer für eine exakte und rasche Ermittlung der Standortkoordinaten verwendet werden.
Eine Alternative zu SOS-EU-Alp (Abb. 14) ist die Notfall App Rettung 144 Niederösterreich (Abb. 15). Diese App verwendet die gleiche Technologie wie SOS-EU-Alp und funktioniert in ganz Österreich und Tschechien, die Notfalldaten werden an die Rettungsleitstelle Niederösterreich gesendet. Befindet sich der Hilfesuchende in Tirol, werden die Daten automatisiert und direkt an die Leitstelle Tirol weitergeleitet.
Abb. 16 Dec112
Für Alpin-Notfälle steht ein eigener Alpinnotruf-Button zur Verfügung. Mit der App DEC112 (Abb. 16) kann mittels Text-Chat ein Notruf abgesetzt werden. Per Button kann die jeweilige Organisation (112, 122, 133, 140 oder 144) ausgewählt werden. Die aktuellen Standort- und Gesundheits-Daten werden dabei (optional) automatisch an die Notruf-Zentrale gesendet. Derzeit ist die Verwendung der App nur in Österreich möglich.
Für die Schweiz ist die Rega-App zu empfehlen, und wer noch internationaler unterwegs ist, sollte auf EchoSOS zurückgreifen, die nahezu weltweit funktioniert. Ausführlich dazu und zu weiteren Notfall-Apps, wie 112 Where are U (Italien und weltweit), Nora (Deutschland) usw., informiert der Artikel von Alexandra Schweikart: Eine App für alle (Not-)Fälle, in: bergundsteigen #119, S. 82–87.
Fazit
Das Thema Notruf am Berg ist grundsätzlich einfach, aber nicht ganz trivial. Je nachdem, welches Service uns am Berg zur Verfügung steht, ist die Bandbreite groß: Haben wir unser eigenes Netz in voller Stärke zur Verfügung, läuft das Werk in der Regel wie geschmiert.
Haben wir dagegen das Worst-Case-Szenario – also gar kein Netz –, kann die Sache schnell kritisch werden und bei allem, was dazwischen liegt, bleiben immer noch Fragen offen, mit denen wir uns aber vermutlich in wenigen Jahren nicht mehr auseinandersetzten müssen …
Fußnoten
Starlink ist ein vom US-Raumfahrtunternehmen SpaceX betriebenes Satellitennetzwerk, das seit 2020 in verschiedenen Ausbaustufen weltweiten Internetzugang bietet (Wikipedia).
5G ist ein Mobilfunkstandard, der seit 2019 an Verbreitung gewinnt (Wikipedia).
Der Euronotruf 112 ist ein gebührenfreies, länderübergreifendes Notrufsystem in Europa (Wikipedia).
Die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega ist eine gemeinnützige private Stiftung für Luftrettung in der Schweiz, die 1952 von Mitgliedern der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft gegründet wurde und ihren Sitz am Flughafen Zürich hat.
Die Rega empfiehlt, im Gerät die E-Mail-Adresse alarm@rega.ch zu hinterlegen, um die Rega-Einsatzzentrale im Notfall auf diesem Weg zu kontaktieren. Mit einer Meldung an diese Adresse wird zudem der aktuelle Standort übermittelt und die Rega kann direkt antworten. Diese Option gibt es nur in der Schweiz und im Schweizer Grenzgebiet.
International Emergency Response Coordination Center (ehemals GEOS):
Im ELKOS-System der LLZ wird hierzu ein Protokollvermerk über die Weitervermittlung angelegt.
Advanced Mobile Location ist ein quelloffener Dienst zur Positionsbestimmung von Anrufern bei Nutzung einer Notrufnummer (Wikipedia).
Das Thema wurde durch die Finanzprokuratur geprüft und für rechtlich nicht umsetzbar befunden, an einer Lösung wird aber gearbeitet.
Z. B. Tirol: Die LT ist als GmbH geführt, wobei das Land Tirol hundertprozentiger Gesellschafter ist.
Z. B. Steiermark: Die LWZ ist dem Amt der steiermärkischen Landesregierung unterstellt.
Im Skiurlaub im Ausland, beim Wochenendtrip in die Voralpen oder auf einer schnellen Runde mit dem Fahrrad durch den Wald: Wenn ein Unfall passiert, können Anrufende aus dem Mobilfunknetz oft nur vage beschreiben, wo sie sich befinden. Dafür kann es viele Gründe geben: fehlende Ortsschilder, Schockzustand, Orientierungslosigkeit aus medizinischen Gründen oder eine Sprachbarriere. Hier helfen Notfall-Apps, die den eigenen GPS-Standort erkennen und mit der Rettung teilen können.