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HWS-Inline-Fixierung bei einem unbekannten Skiunfall
09. Feb 2024 - 13 min Lesezeit

Notfall Alpin (9/9): E-Problem nach Skisturz

In den letzten Beiträgen zu Notfall Alpin hat Philipp das ABCDE-Schema in verschiedenen Situationen vorgestellt und angewendet. Diesmal geht es um das E, das für „Environment“ oder „Exposure“ steht, also „Umgebung“ bzw. „Exposition“. Dass der Wärmeerhalt des Verunfallten zu jeder Jahreszeit eine oft komplett unterschätzte Rolle spielt, wurde bereits thematisiert. Auch beim folgenden Szenario spielt der Schutz vor weiterer Auskühlung eine zentrale Rolle, geht es doch um das Vorgehen nach einem Sturz beim Skifahren. Die Situation: zwei Skifahrerinnen stolpern im Gelände über eine gestürzte und offenbar verletzte Kollegin.

alle Artikel der Serie: Notfall Alpin

Auffinden einer verunfallten Person

Ausgangssituation skiunfall und erste hilfe
Ausgangssituation: bei der Abfahrt stolpern Riki und Sissi über eine gestürzte, ihnen unbekannte Skifahrerin.

Während der Abfahrt auf einer Skitour sehen Sissi und Riki eine offenbar gestürzte, unbekannte Person unter ihnen im Schnee liegen. Nach einem kurzen 10 Sekunden für 10 Minuten (siehe Artikel Notfall Alpin. Die ersten 5 Minuten. in bergundsteigen #99 ff) wird die Situation von Sissi und Riki als sicher eingestuft: Es ist weder mit einer Lawine noch mit einem Absturz zu rechnen; das Gelände ist lediglich leicht kupiert und nicht sonderlich steil.

Von ihrem etwas entfernten Standort sehen sie, dass sich die Skifahrerin bewegt und auch auf ihren Zuruf „Brauchst du Hilfe?“ antwortet: „Ja, helft mir bitte!“ (Abb. 1). Deshalb gehen sie initial von einer potentiell kritischen oder sogar potentiell nicht kritisch Verletzten aus. Auch wenn sie den Sturz selbst nicht beobachtet haben, kann der ggf. noch notwendige Notruf hinten angestellt werden.

Sie fahren zur Verunfallten hin und während sich Sissi die Skier abschnallt, fragt Riki nach dem Unfallhergang und dem Namen und bekommt zur Antwort: „Ich bin hingeflogen, mir hat‘s einen Ski ausgezogen und jetzt tut mir der linke Arm weh – und i bin die Bine.“

Erster ABCDE-Durchgang

Sissi fixiert als erstes im Rahmen von A (Airway/Atemwege) den Kopf von Bine. Ihr Ziel ist es, die Halswirbelsäule (HWS) so gut als möglich zu immobilisieren, d.h. dort weitere Bewegungen/Erschütterungen zu verhindern. In der konkreten Situation kniet sie sich dazu hinter die Verunfallte und versucht, mit beiden Händen den Kopf inline zu halten; d.h. in einer Linie, vergleichbar mit einer Perlenkette oder „in Reih und Glied“ (Abb. 2).

HWS-Inline-Fixierung bei einem unbekannten Skiunfall
HWS-Inline-Fixierung durch Sissi in A

Riki schiebt vorsichtig die Skibrille auf den Helm um das ganze Gesicht und die Augen sehen zu können und bemerkt im Gespräch, dass die Verunfallte unangestrengt sprechen sowie problemlos schlucken kann – beides spricht für freie Atemwege, auch sieht Riki keine weiteren kritischen Anzeichen.

–>in A: HWS fixieren

Verständlicherweise wundert sich die Verunfallte evtl., warum wir nicht gleich ihren schmerzenden Arm begutachten, wo doch klar scheint, dass dort das Hauptproblem und die Schmerzursache liegen. Die Erklärung liefert sogleich der Reminder: treat first what kills first (vgl. #99).

In B (Breathing/Atmung) checkt Riki kurz, ob die Verunfallte Schmerzen bei seitlichem Druck auf die Rippen (Abb. 3) oder frontalem auf das Brustbein sowie die Schlüsselbeine verspürt. Im Winter bzw. bei Kälte kann dieses Abtasten auf die Bekleidungsschichten erfolgen, da eine eigentliche Inspektion mit dem damit verbundenen Entfernen/Zur- Seite-Schieben von Gewand zur weiteren Auskühlung führen würde.

erste Hilfe nach skiunfall
Riki checkt in B, ob Bine Schmerzen bei Druck auf Rippen,
Brust- oder Schlüsselbein verspürt.

Diese Vorgehensweise passt hier insbesondere, da Riki bisher bei ihrer Befragung und auch jetzt keine Anzeichen auf Atemnot oder Schmerzen beim Atmen festgestellt hat. Sollte dies nicht so sein, dann bietet es sich an, das vollständige Schema in B abzuarbeiten und Folgendes zu überprüfen:

    • Funktion gleichmäßiges symmetrisches Heben und Senken des Brustkorbes

    • Inspektion sichtbare Prellmarken, Abschürfungen, Läsionen

    • Palpation abtasten, um Stabilität oder Druckschmerz festzustellen

    • Perkussion entfällt bei uns

    • Auskultation pathologische Atem(neben)geräusche sind (falls ohne Stethoskop hörbar) als Alarmzeichen zu werten

Im Zweifel gilt jedoch immer: Keine Diagnose durch die Hose oder in unserem Fall durch die Primaloft-Jacke … Riki hat Bines Atemfrequenz mit ca. 15x/Min. ausgezählt und desweiteren keine Blaufärbung an ihren Lippen (Anzeichen für Zyanose) erkannt, somit:

–> B ohne Auffälligkeiten

In C (Circulation/Kreislauf) interessieren sich unsere Ersthelferinnen vor allem für die großen Blutungsräume. Wie bekannt geht es dabei um Bauch, Becken und beide Oberschenkel (Merksatz: Blood on the floor? And 4 more…). Bei der im Schnee sitzenden Verunfallten ist es auch hier einfach schwierig, das Abdomen zu checken (visuell & abtasten), Riki versucht dies aber bestmöglich (Abb. 4).

Bauch Becken Oberschenkel Kontrolle bei erster Hilfe
Riki überprüft in C Bauch, Becken und Oberschenkel.

Das Becken wird nach dem bekanntem KISS Schema (#103ff) nicht abgetastet, obwohl der Sturz je nach Kinematik aber durchaus eine Beckenverletzung mit sich führen kann. Doch wenn von der Verunfallten am Becken selbst kein Schmerz angegeben wird und der Sturz im weichen Schnee erfolgte, gilt dies als „eher unwahrscheinlich“ – so wie in unserem Szenario.

Warnzeichen, die diese Schlussfolgerung in Frage stellen sollten, sind auftretende C-Probleme nach Trauma, allen voran Anzeichen eines (Hypovolämen)Schocks. Diese äußern sich zuerst mit einem Anstieg der Atem- und Herzfrequenz, begleitet von Zyanosen sowie einer verlängerten Recap- Zeit (#100 ff).

Auch wenn das Tasten des Pulses für Ersthelferinnen nicht mehr wirklich empfohlen wird, kann es hier jedoch sinnvoll sein (spätestens in E kommen wir ohnehin nicht drum herum). Das Tasten des radialen Pulses (Speichenarterie daumenseitig am Handgelenk) kann uns folgende Infos liefern.

    • Puls grundsätzlich tastbar gutes Anzeichen für stabile Blutdruckverhältnisse

    • Puls normofrequent um 60x/Min. wenig Anzeichen für einen Schock aufgrund eines Blutverlustes; auch kann vermutet werden, dass der vorhandene Schmerz tolerabel ist (HF steigt i.d.R. bei starken Schmerzen).

    • Puls rhythmisch/regelmäßig so soll es sein

Entscheidend nicht nur bei dieser möglichen Pulskontrolle in C, sondern bei allen Erhebungen in ABCDE, ist der Verlauf, also ob sich etwas verändert hat. Dazu ist es notwendig das Schema zu reevaluieren, also – wie in den vergangenen Beiträgen dargestellt – immer wieder durchzuführen. Riki kommt nach ihren Untersuchungen zum Ergebnis:

–>C ohne Auffälligkeiten

Im Punkt D (Disability/Neurologischer Status) kommt Riki zum Ergebnis, dass die Verunfallte neurologisch unauffällig ist. Bine ist voll orientiert, wach und in der Lage Rikis „Befehle“ angelehnt (be)FAST (siehe #108 & #104) – Ok, das mit den Handflächen nach oben war aufgrund der Schmerzen im Handgelenk nicht durchführbar… – zu ihrer Zufriedenheit auszuführen.

erste Hilfe in den Bergen und Überprüfung des neurologischen Status
Riki überprüft in D Bines neurologischen Status, angelehnt an beFAST und anhand der Entscheidungshilfe in Abb. 9, ob Sissi die manuelle Immobilisation der HWS lösen kann.

Außerdem war Bine nicht bewusstlos, verneinte einen Sturz auf den Kopf und Riki hat keinerlei Läsionen am Schädel bzw. Kratzer/Dellen am Helm feststellen können (Abb. 6).

–>in D unauffällig

Aufgrund des stabilen sowie aktuell unkritischen Zustandes in A, B, C und D können sich unsere Ersthelferinnen erstmals E (Environment/ äußere Einflüsse) widmen (Reminder: ohne A kein B, ohne B kein C, usw.). Doch bevor Sissi die Inline-Immobilisation beendet, tastet Riki die HWS auf der Suche nach Muskelhartspann, Stufenbildung und auslösbarem Schmerz ab (Abb. 6 & Abb. 9). Das Ergebnis: eine HWS-Verletzung bei Bine ist sehr unwahrscheinlich, der Kopf muss nicht mehr inline fixiert (bzw. anders immobilisiert) werden.

Vorweggenommen können jetzt in E – je nach Verletzungsmuster und Situation – zwei Ergebnisse herauskommen: die Verletzte kann ohne die „externe“ Unterstützung von Berg-/Pistenrettung bzw. Helikopter ins Tal bzw. ins Krankenhaus/Arzt kommen – oder eben nicht, d.h. vor Ort wird auf die Profis für den Abtransport gewartet.

Wie „sinnvoll“ bzw. welche (vermeintlichen) Vorteile welche Variante hat, soll im Anschluss erörtert werden; wobei es klar ist, dass bei einer schwereren Knieverletzung nach einem Skisturz ein eigenständiges Abfahren kaum vorstellbar ist (weitere Infos und Diskussionen dazu findet ihr übrigens im bergundsteigen.blog).

Zurück zu unseren beiden Ersthelferinnen: der von Anfang an bestehende Verdacht einer Verletzung oder Fraktur am Unterarm bzw. Handgelenk wird nach dem durchgeführten ABCD-Durchgang von keinem größeren Problem getoppt und aufgrund der Mobilität der Verletzten besteht die Option, ohne fremde Hilfe ins Tal abzufahren.

In E angekommen widmet sich Riki also der betroffenen Extremität. Bei allen (Extremitäten-) Verletzungen steht das Überprüfen der DMS im Vordergrund – um dies gut durchzuführen, bietet es sich an, die Hand/Arm von der Verletzten selbst so halten zu lassen, wie es für sie am angenehmsten ist, was meistens ohnehin schon „automatisch“ von der Verletzten gemacht wird:

    • Durchblutung: Ist ein Puls tastbar? Recap Zeit auf dem Handrücken < Sekunden? Warme Finger?

    • Motorik: Können die Finger noch bewegt, also „angesteuert“ werden?

    • Sensorik: Spürt die Verletzte eine Berührung an Hand und Finger?

Da bei der Verletzten D, M und auch S unauffällig waren, versucht Riki nun, Bine möglichst schmerzfrei und angenehm mittels PECH-Schema weiter zu betreuen.

    • Pause keine weitere Belastung der betroffenen Extremität

    • Eis kühlen (z.B. mit Schnee)

    • Compression präklinisch nicht immer sinnvoll durchführbar; wir immobilisieren stattdessen an dieser Stelle

    • Hochhalten je nach Situation zeitnah durchführen

Wegen Bines Schmerzen, welche selbst in Ruhe anhalten – wenn auch aushaltbar -, der sicht- und fühlbaren Schwellung sowie der Bewegungseinschränkung vermutet Riki eine Fraktur (unsicheres Frakturzeichen, wobei ein Bruch an dieser Stelle ein Klassiker ist). Allerdings ist es ihr letztendlich aber egal, ob tatsächlich etwas gebrochen ist oder nicht; denn auch, wenn es sich „nur“ um eine Stauchung, Zerrung o.Ä. handelt, muss die Verletzung bei den vorhandenen Schmerzen analog versorgt und ärztlich abgeklärt werden.

An dieser Stelle müssen unsere drei Skitourengeherinnen nun die oben angekündigte Entscheidung fällen: selbstständiges Abfahren ja oder nein? Jedes selbstständige Abfahren/Absteigen einer verletzten Person muss immer kritisch hinterfragt werden, denn die Vorteile überwiegen hier selten. Sind trotz PECH-Schema noch Schmerzen vorhanden (Numerische Rating-Skala NRS > 3/10), kann pauschal davon abgeraten werden.

Notruf nach Skiunfall
Riki ruft die 112 an und fordert professionelle Hilfe an, nachdem die Entscheidung gefallen ist, dass Bine nicht mehr selbstständig abfahren wird.

So greift Riki nach einer kurzen gemeinsamen Lagebesprechung zum Mobiltelefon und verständigt via 112 die Einsatzkräfte (Abb. 7). Egal ob Abfahren oder Abwarten – durch die Ersthelferinnen sollte nach Möglichkeit eine weitere Immobilisierung der verletzten Extremität vorgenommen werden. Davor kramt Sissi aber ihren Biwaksack – Variante „Bothy-Bag“ – heraus und Bine wird darin eingepackt, um sie so vor weiterer Auskühlung zu schützen (Abb. 8), bevor ihr Arm immobilisiert wird.

Schutz vor dem Auskühlen einer verunfallten Person
Die Verletzte wird vor weiterer Auskühlung geschützt und in einen Biwaksack eingepackt, bevor sich die Ersthelferinnen dem verletzten Unterarm widmen.

Ruhigstellung des Unterarms

    • Riki „übernimmt“ den Unterarm von Bine und übt in Längsachse Zug aus

    • Sissi checkt nach dieser Manipulation die DMS, idealerweise kann sie dabei Bines Daunenfäustl leicht nach unten schieben bzw. darunter hineingreifen.

    • Während Riki den Unterarm auf Zug hält, faltet Sissi ihren Samsplint doppelt, nimmt Maß an Bines Unterarm und formt die Schiene dann entsprechend.

    • Sissi legt den Samsplint am Unterarm an, während Riki erneut die DMS prüft.

    • Mit einer elastischen Binde, einem Notverband o.Ä. fixiert sie den Samsplint, wobei die benachbarten Gelenke – im Unterschied zur „echten Schienung“ – nicht mit eingebunden werden.

    • Nachdem der Fäustling wieder vorsichtig angezogen wurden, hält Bine ihren immobilisierten Arm so, wie es für sie am angenehmsten ist.

    • Je nach Situation (Abfahrt, …) kann der Arm auch mittels Dreiecktuch stabilisiert werden, auf alle Fälle wird Bine möglichst warm eingepackt und bis die Rettungskräfte eintreffen überprüft Riki immer wieder die DMS .

Weil es sich am Unterarm ideal anbietet – und sie das Ding seit Jahren im Rucksack herumträgt – hat Sissi vor, jetzt ihre Alu- Polster-Schiene Modell „Samsplint“ zu verwenden (Abb. 9, wie bei allen in dieser Beitragsserie bisher vorgestellten Gerätschaften ist auch hier das Wissen und Können der sicheren resp. richtigen Anwendung Voraussetzung).

Sollte kein Immobilisierungsmaterial vorhanden sein und der Schmerz trotz Kühlung und eigenständiger Lagerung stark sein, kann ein leichter bis mäßiger Zug in der Längsachse des Unterarms ausgeübt werden – was allerdings nur in enger Absprache mit der Verletzten und entsprechender Übung gelingt. Ziel ist es dabei, den Schmerz dadurch zu lindern, indem z.B. eingeklemmte Knochenhaut entlastet wird.

Ruhigstellung einer Verletzung
Ruhigstellung (Immobilsierung/Retention) durch eine Schiene (Samsplint)

Einmal aufgebaut muss der Zug aufrecht gehalten werden, außer der Zustand (DMS) und/oder der Schmerz nimmt zu. Es handelt sich bei diesem Manöver um keine Reposition, sondern lediglich um einen Zug in der physiologischen Längsachse! Nach jeder Maßnahme und Lageänderung ist die DMS zu prüfen. Bei negativen Veränderungen sollte die ursprüngliche Position wieder hergestellt werden, in der zuletzt die DMS vorhanden war.

Zusammengefasst: je mehr eine DMS beim Verletzten vorhanden ist, desto zurückhaltender meine Maßnahme. Steht aufgrund des Schmerzes, der Örtlichkeit, Situation usw. fest, dass ohnehin professionelle Hilfe (z.B. Heli) angefordert werden muss, kann auch auf jegliche Maßnahmen an der Hand bzw. am Arm verzichtet werden (DMS vorhanden vorausgesetzt). Denn wie bereits oft gelesen, möge man sich immer die Fragen stellen:

    • Verbessert meine geplante Maßnahme überhaupt den Zustand der verletzten Person?

    • Bin ich überhaupt in der Lage mögliche Komplikationen – welche meine geplanten Maßnahmen mit sich führen – handzuhaben?

    • Besteht jetzt ein zwingender Grund (z.B. massive Gefährdung in A, B, C), um sofort handeln zu müssen oder handelt es sich um einen stabilen – in A, B, C, (D) unauffälligen – Verletzten, der einfach eine Betreuung bis zum Eintreffen der Profis benötigt?

–>in E: Schutz vor Auskühlung & Immobilisierung Unterarm mit Samsplint

HWS Inline-Fixierung

Das dargestellte Fallszenario bietet sich hervorragend an, um über die HWS-Inline-Fixierung zu diskutieren. Warum? Zum einen, weil unsere Patientin in A, B, C und D stabil ist und wir somit (kognitive-) Ressourcen übrig haben, um über vermeintliche Nebensächlichkeiten nachzudenken. Zum anderen, weil bei den meisten Skistürzen auf die HWS-Fixierung vergessen bzw. verzichtet wird.

Im Konsens aller bekannten Leitlinien erachte ich es als „immer“ sinnvoll (bergundsteigen #99ff) die HWS initial zu fixieren. Denn erstens ist diese Fixierung schnell und unkompliziert durchführbar und zweitens können wir in den ersten Minuten schwer abschätzen, welche Verletzung bzw. Kinematik vorliegt. Somit agieren wir vorsorglich mit der Option, nach dem Primary Survey/Assessment – also nach dem ersten ABCDE-Durchgang – die HWS-Fixierung zu lösen.

Dies erfolgt nach einem restriktiven Protokoll, das wir in einer Tabelle (Abb. 10) zusammengefasst haben. Sollte dieses nicht machbar bzw. nicht eindeutig abzuarbeiten sein, ist die HWS-Fxierung einfach aufrecht zu halten. Eine Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, dass bei angezeigter HWS-Fixierung nicht selbstständig abgefahren/abgestiegen werden kann.

Gemäß dem Verständnis, dass die Ersthelferin ein Glied einer ganzen Rettungskette bildet, hat die Tabelle auch die weiterführenden Schritte durch Heli, Berg- oder Pistenrettung mit aufgelistet. Ziel hierbei ist es, der Ersthelferin ein besseres Verständnis zu ermöglichen, warum auch sie bereits im Erstversorgungsstadium entscheidend an einer guten Ersten Hilfe mitwirken kann.

Entscheidungshilfe zur Immobilisierung der Halswirbelsäule
Entscheidungshilfe zur Immobilisierung der Halswirbelsäule (HWS) nach Traumata. ©2019 Dahlmann/Warnstorff/Shaw/Granel; Quellen: S3 Leitlinie DGN Polytrauma; S1 Leitlinie DGN Querschnitt; Algorithm for a clinical handling strategy with spinal trauma (C. Maschmann et. al, Scandinavian Journal of Trauma, Resuscitation and Emergency Medicine volume, 2019), ITLS Trauma Handbuch 2019

Zum Teil 8 der Serie Notfall Alpin: neurologisches Problem Teil 2

Erschienen in der
Ausgabe #109

bergundsteigen #109 Cover