LVS-Gerätetest 2024/25: Pieps Pro IPS & Mammut Barryvox S2
Der LVS-Test der DAV-Sicherheitsforschung deckt die Stärken und Schwächen der aktuellen LVS-Geräte in einem über viele Jahre etablierten, praxisnahen Feldtest auf. Seit dem letzten umfassenden Test 2022 kamen wenige nur geringfügig geänderte LVS-Geräte auf den Markt, die eher unter die Rubrik „Facelift“ fallen. Anders stellt es sich allerdings bei dem seit der Saison 2023/24 verfügbarem LVS Pieps Pro IPS und dem seit der aktuellen Saison 24/25 verfügbarem Mammut Barryvox 2/S2 dar:
- Das Mammut Barryvox S2 hat einige neue Features wie neue Displaytechnologie, Sprachsteuerung (allerdings aktuell nicht in D-A-CH!) sowie Bluetooth und eigene Barryvox App.
- Das Pieps Pro IPS wartet mit aufklappbarer Antenne und auch dadurch bedingt mit der größten von einem Hersteller am Markt empfohlenen Suchstreifenbreite von 80 m auf.
Um direkte Vergleichbarkeit zu vorangegangenen Tests sicherzustellen, wurden Referenzmessungen mit Vorgängern durchgeführt und Ergebnisse auf Plausibilität überprüft. Zur Methodik der vielen verschiedenen getesteten Szenarien könnt ihr euch hier informieren.
Mit dem Pro IPS von Pieps und dem Barryvox S2 von Mammut erschienen zwei LVS-Geräte, die zum einen über große empfohlene Suchstreifenbreiten verfügen und sich zum anderen auch mehr der Störquellen-Problematik angenommen haben.
Hinter Interference Protection beim Pieps Gerät und Interference Guard beim Barryvox 2 steckt folgende Funktion: wenn die Geräte im Sendemodus durch Störungen (Abschirmungen) an Sendeleistung verlieren, wird diese automatisch wieder hochgeregelt wird, was natürlich dann auch einen höheren Energiebedarf mit sich zieht. Außerdem messen beide Geräte in der Signalsuche im Hintergrund den vorhandenen Störpegel und zeigen ab einer gewissen Schwelle eine reduzierte Suchstreifenbreite an.
Dennoch sind auch die hier vorgestellten Geräte in keiner Weise immun gegen Störquellen – vor allem bei der Suche mit dem LVS. Weiterhin sind Maßnahmen wie Abstand halten zu elektronischen Gegenständen (Mindestmaßnahme!), elektronische Geräte übergeben für nicht-suchende Retter*innen oder Störquellen ausschalten die effektivsten Mittel gegen Geistersignale oder reduzierte Empfangsreichweite. Mehr Informationen dazu gibt es im Artikel der DAV-Sicherheitsforschung über Störquellen.
Achtung! bei beiden Geräten gab es im November 2024 einen Rückruf aller bis zu diesem Zeitpunkt verkauften Geräte.
Mehr Infos hier: Rückruf Mammut Barryvox 2 / S2 / Rückruf Pieps IPS Pro
Mit den zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten richten sich die Geräte Pro IPS und Barryvox S2 an eher technikaffine (Viel-)Nutzer*innen.
Mammut Barryvox S2 (Software 4.0)
1. Usability
Für die Saison 2024/25 kommt die nächste Generation der Barryvox-Serie in neuem Gewand daher. Was gleich auffällt: die kompaktere Form, wodurch das Gerät auch bei kleineren Händen und/oder dickeren Handschuhen sehr gut gehalten werden kann, sowie das neue, noch größere Display, das bei allen Lichtverhältnissen wirklich sehr gut ablesbar ist.
Ansonsten: die Schlichtheit mit nur einer Markiertaste an der Front und dem Hauptschalter zwischen den Modi, der sich per Entsperrung hin- und herschieben lässt; fürs Einschalten (Send) aus dem ausgeschalteten Zustand muss die Arretierung nicht betätigt werden. Der Wechselschalter war bei den Vorgängermodellen prominenter, sodass das Umschalten vor allem mit Handschuhen etwas mehr Kraft und Fingerspitzengefühl benötigt. Die Halterung ist ähnlich wie beim Vorgänger durchdacht. Und: das S2 kommt jetzt mit nur mehr 2 AAA-Batterien (Alkaline oder Lithium) aus.
2. Features (Auswahl)
- Sinnvoll: Rescue-Send für nicht-suchende Retter*innen (u.a. Bergrettung)
- Lithium-Batterien-tauglich
- Pro-Gruppencheck: zusätzliche Sendeparameter werden überprüft
- Pro-Suche: Auswahl zwischen mehreren Sendern bei MPV mit De-Markierungs-Option
- Analogmodus: zusätzlicher Analogton zur visuellen Anzeige; by default eingestellt in der Pro-Suche
- Die neue Sprachführung ähnlich wie bei Ortovox Diract Voice ist allerdings bis auf Weiteres aufgrund von Rechtsstreitigkeiten nicht in D-A-CH und USA verfügbar
- Interference-Guard: Regelung der Sendeleistung, wenn das Gerät im Sendemodus durch Störungen negativ beeinflusst wird
- Im Suchmodus: Falls Interferenzen vom Gerät erkannt werden, wird eine Warnung herausgegeben und die empfohlene Suchstreifenbreite auf 20m reduziert
- Neu: über die Mammut App können nun per Bluetooth übers Handy Updates aufgespielt und Einstellungen vorgenommen werden; außerdem können verschiedene Trainingsszenarien mit verbundenen Barryvox-Geräten durchgeführt werden.
3. Performance
In der Signalsuche gibt das S2 eine maximale Suchstreifenbreite von 70m an. Die stabile maximale Empfangsreichweite in bester Koppellage betrug 58m, in y- und z-Lage stellten wir eine etwas geringere Reichweite als beim Vorgängermodell Barryvox S fest.
Bei der Grobsuche (Schachbretttest) war bei waagrechtem und senkrechtem Sender bei 25m seitlichem Versatz eine konstante Signalverfolgung ohne neuerlichen Signalverlust möglich. Der merkbare Sprung im Übergangsbereich von Grob- zu Feinsuche war weiterhin vorhanden, doch etwas weniger störend und die Distanzanzeige feiner abgestimmt als beim Vorgängermodell.
Die Feinsuche, sowohl bei der durchschnittlichen (0,8m), als auch bei der tiefen Verschüttung, funktioniert solide – die Benutzerunterstützung ist in beiden Modi (geführt und klassisch) gewohnt gut gelöst. Mit der geführten Feinsuche, die bereits beim Vorgänger vorhanden war, müssen Nutzer*innen nicht klassisch einkreuzen, sondern man wird durch visuelle Richtungsanweisungen zum Sender geführt. Die neu angepasste Zielführung ist intuitiv. Auch wenn die geführte Feinsuche das Potenzial hat, vor allem für Ungeübte in einigen Fällen schneller zum Ziel zu kommen (positiv: die direkte Aufforderung zum Sondieren), konnten wir in unseren Tests feststellen, dass der Abstand zum direkten Punkt über demSender etwas weiter entfernt war als beim lehrbuchmäßig durchgeführten klassischen Einkreuzen. Bei der geführten Feinsuche benötigt man somit möglicherweise den ein oder anderen Sondenstich mehr je nach Position und Verschüttungstiefe des Senders – auch bei sehr tiefen Verschüttungen kamen wir mit der klassischen Feinsuche schneller ans Ziel.
Beim Verfolgen der Signale in verschiedenen Szenarien zur Mehr-Personen-Verschüttung punktete das S2 vor mit der geführten Feinsuche bei der Heranführung nah beieinander liegenden Sendern. Das Markieren ist bereits ab einem Anzeigewert von 6 schnell und einfach möglich und bleibt stabil. Nach dem Markieren eines Senders braucht das Gerät etwas Zeit, um eine klare Richtungsanzeige geben zu können – also kurz abwarten und nicht gleich loslaufen!
Mit Blick auf das „Erkennen“ der MPV-Signale störte uns beim Standard-Suchmodus das Ausblenden von allen weiteren Sendern auf dem Display, die nur durch Drücken einer der seitlichen Tasten (Auf oder Ab) kurz eingeblendet werden können. Dieser Hinweis fehlt allerdings im Benutzerhandbuch (Stand Ende November 2024)! Im Pro-Modus werden diese hingegen permanent angezeigt, und es kann zwischen den Signalen gewechselt und bereits markierte Sender wieder entmarkiert werden. Im Szenario mit 15m Abstand zwischen zwei Sendern wurde das 2. Signal meist erst im Bereich der Feinsuche zum 1. Sender detektiert!
Der Gruppencheck ist beim Einschalten schnell und einfach aktivierbar. Gut fanden wir: Eine Warnung sowohl bei zu nahem (Sendeparameter nicht valide überprüfbar) als auch zu großem Abstand zwischen zwei Geräten (Unklarheit, welcher Sender gerade gecheckt wird). Im Pro-Check können Abweichungen von Frequenz, Periodendauer und Pulslänge gemessen werden.
4. Zusammenfassung & Bewertung: Mammut Barryvox S2
Signalsuche:
Reichweite (Mittelwert) | X | Y | Z | |||
---|---|---|---|---|---|---|
1.Empfang | Stabil | 1.Empfang | Stabil | 1.Empfang | Stabil | |
Barryvox S2 4.0 | 60,3 | 58 | 40,7 | 29,3 | 34,9 | 25,5 |
Grobsuche:
Waagrechter Sender: sehr gut
Senkrechter Sender: sehr gut
Feinsuche:
Mittlere Verschüttungstiefe: sehr gut
Tiefe Verschüttung: sehr gut
Suchunterstützung: sehr gut
MPV:
Erkennen: akzeptabel
Lösen: gut
Hinweis: Getestet wurde nur das Barryvox S2 – bei der etwas günstigeren Version Barryvox 2 erwarten wir ähnliche Ergebnisse, was die Performance betrifft. Nur einige Features wie der Pro-Modus und die geführte Feinsuche sind nicht verfügbar.
Pieps Pro IPS (Software 1.2)
1. Usability
Eine Saison nach Markteinstieg haben wir das neue High-End-LVS von Pieps mit der aktuellen, weiterentwickelten Software-Version 1.2 unter die Lupe genommen. Auf den ersten Blick ungewohnt ist die Form mitsamt ausklappbarer Antenne – der Wechsel funktioniert jedoch schnell und intuitiv vom Sende- (eingeklappt) über die abgewinkelte Zwischenposition (Feature Modus) in den Suchmodus (ganz ausgeklappt).
Etwas schwerer – vor allem mit dickeren Handschuhen – fällt die Betätigung der vier Funktionstasten am Gerät für Markierung (Front), Scannen (Top), Ein-/Ausschaltknopf und Funktionstaste (u.a. Gruppencheck) – die letzten beiden sind im Sendemodus durch die eingeklappte Antenne abgedeckt. Angenehm ist im Vergleich zum Vorgänger die Aktivierung des Gruppenchecks – nunmehr reicht ein Tastendruck aus. Das Gerät wirkt trotz des geringfügig höheren Gewichts (212g) erstaunlich kompakt; die Halterung ist minimalistisch aber durchdacht, das Verstellen der Gurtbänder etwas fummelig.
2. Features (Auswahl)
- Das namensgebende Interference Protection System kann die Sendeleistung bei deren Abfall (bedingt durch Störquellen) wieder hochregeln
- Werden im Suchmodus Störungen detektiert (Hintergrundmessung des elektromagnetischen Rauschens), wird die angezeigte empfohlene Suchstreifenbreite von 80 auf 60, 40 oder 20m reduziert. Wie stark die Suchstreifenbreite eingeschränkt wird, regelt eine präzise abgestimmte Messung; unserer Einschätzung nach könnten Störwirkungen der suchenden Person aber noch etwas deutlicher signalisiert werden
- Neigungswinkelmesser zum Messen der Hangneigung
- Auto-Revert: Umschalten in Sendemodus bei nicht vorhandener Bewegung (Nachlawine) ab Werk auf 60 Sekunden eingestellt
- Sinnvoll: Backup-Modus unterdrückt Sendesignal (bspw. Bergrettung-Szenario) – wir finden die standardmäßig einstellbaren Zeitintervalle zu kurz für Kurs oder Rettungsbetrieb
- Tiefenverschüttungserkennung
- Scan-Taste: Überblick über Anzahl und Richtung mehrerer vorhandenen Signale
- Pro-Modus für den Gruppencheck
- Analogtonmodus
- Anhand der mobilen Pieps-App – gibt es schon länger – können per Bluetooth Einstellungen vorgenommen und Updates durchgeführt werden, außerdem beinhaltet die App Trainingsszenarien und einige theoretische Inhalte.
- Lithiumbatterien möglich (Erhöhung der Laufzeit auf beachtliche 800 h bei Lithium ab Vers. 1.1)
3. Performance
Das Pro IPS gibt eine maximale Suchstreifenbreite von 80 m an und hatte bei der Signalsuche im Mittel bei 65,5m / 43,3m / 36,8m in x-/y-/ z-Lage stabilen Empfang – ein deutlicher Sprung nach oben im Vergleich zu den bereits hohen Reichweiten der Vorgängermodelle. Der Unschärfebereich nach Erstempfang fällt sehr klein aus – unmittelbar danach war das Signal in allen Lagen stabil ohne erneuten Signalverlust. Zur haptischen Unterstützung vibriert das Gerät bei Erstempfang – man kann sich somit während der Signalsuche voll und ganz auf die Oberflächensuche konzentrieren.
In der Grobsuche war die Heranführung bereits bei 30m seitlichem Versatz sowohl bei waagrechtem als auch senkrechtem Sender meist direkt und sehr gut möglich – im Fernbereich der Reichweite kann sich das bekannte Links-Rechts-Problem zeigen, das aber nur zu einer geringfügig längeren Suche führt. Wenige Male machte sich ein Sprung im Nahbereich der Grobsuche beim Übergang zur Feinsuche bemerkbar. Neu integriert wurde eine Umkehrpfeil für raschere Erkennung des sog. 180°-Fehlers.
Kurz bevor das Gerät in die Feinsuche wechselt (< AW 2), gibt es häufig nochmal eine Anpassung des Richtungspfeils. Wer hier langsam und akkurat vorgeht, wird in der Feinsuche ziemlich schnell und direkt genau über das zu suchende Gerät geführt. Bei mittlerer Verschüttung arbeitet das Gerät genau. Bei tiefen Verschüttungen schaltet das Gerät womöglich nicht in den Feinsuchmodus, außer per App wurde die Tiefenverschüttung aktiviert. Gut finden wir: Beim Näherkommen an den Sender werden Höhe und Frequenz des Pieptons erhöht.
In allen getesteten Mehr-Personen-Verschüttungs-Szenarien schnitt das Pro IPS sehr gut ab. Durch das zeitgleiche Empfangen auf x- und y- Antenne (Dual Antenna Signal Processing) – möglich durch die ausgeklappte Antenne – wird eine Positionsbestimmung mehrerer Signale in relativ großer Entfernung bereits möglich. Auch Szenarien mit drei oder mehr Geräten lassen sich gut auflösen.
Der Gruppencheck ist jetzt einfacher durch einmaligen Tastendruck zu aktivieren. Eine Distanzanzeige erlaubt die genaue Zuordnung des zu prüfenden Sendegerätes. Allerdings kann ein Sender bis direkt an das suchende Gerät herangeführt werden, ohne dass eine Warnung ausgegeben wird. Zu beachten: um ein zuverlässiges Überprüfen der Sendeparameter zu gewährleisten, sollte der Check bei ca. 1m Abstand gemacht werden. Beim Check im Pro-Modus lässt sich durch Kippen des Gerätes zwischen Senden und Empfangen wechseln.
4. Zusammenfassung & Bewertung PIEPS Pro IPS
Signalsuche:
Reichweite (Mittelwert) | X | Y | Z | |||
---|---|---|---|---|---|---|
1.Empfang | Stabil | 1.Empfang | Stabil | 1.Empfang | Stabil | |
Pieps Pro IPS | 67,8 | 65,5 | 44 | 43,3 | 39,4 | 36,8 |
Grobsuche:
Waagrechter Sender: sehr gut
Senkrechter Sender: sehr gut
Feinsuche:
Mittlere Verschüttungstiefe: sehr gut
Tiefe VST: gut/sehr gut /
Suchunterstützung: gut
MPV:
Erkennen: sehr gut
Lösen: sehr gut
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