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24. Juli 2024 - 14 min Lesezeit

Doping am Berg?

Die Einnahme von Medikamenten und leistungssteigernden Mitteln im Bergsport ist kein neues Phänomen. Ein Überblick über die Gratwanderung zwischen Krankheitsprophylaxe, Therapie und unmoralischer Leistungssteigerung.

Bergsport ist eine Natursportart, die sich über die letzten Jahre immer größerer Beliebtheit erfreut. Insbesondere Höhen- und Expeditionsbergsteigen gilt als anspruchsvolle und herausfordernde Sportart, die körperliche Fitness, technisches Können, aber auch mentale Stärke erfordert. Die Jagd nach Gipfeln und das Streben, persönliche Grenzen auszuloten, haben viele Menschen dazu inspiriert, sich diesen Herausforderungen zu stellen.

Bergsport ist aber in erster Linie eine Freizeitaktivität ohne Wettkampfcharakter. Wettkampfmäßig ausgeübte Disziplinen machen nur einen kleinen Teil dieser Natursportart aus. Und eben weil Bergsteigen eine Natursportart ist, bei der nach Ansicht der allermeisten Bergsteiger das Naturerlebnis im Vordergrund steht, sollte hier der Einsatz von Medikamenten und erst recht Doping keinen Platz haben.

Die Realität zeigt aber, dass in bestimmten Bereichen des Bergsteigens Medikamente kaum mehr wegzudenken sind.

Sauerstoff als Doping? Eine Frage der Ethik unter Bergsteiger:innen, aber auf den 8.000ern wie dem Everest längst die Norm. Foto: furtenbach adventures

Kein neues Phänomen

Der Einsatz von Substanzen, von denen man sich eine bessere Höhenanpassung oder eine Leistungssteigerung verspricht, ist wahrscheinlich so alt wie das Bergsteigen selbst. Im 19. Jahrhundert waren es diverse Tinkturen und Spirituosen. Mitte des 20. Jahrhunderts, im Rahmen der frühen 8000er-Expeditionen, standen Stimulanzien ganz oben auf der Liste.

Auf diese Substanzgruppe, die im heutigen Sport zu Recht längst auf der Verbotsliste steht, wurde beispielsweise von Hermann Buhl bei der Erstbesteigung des Nanga Parbat 1953 zurückgegriffen. Heute sind es zumeist Medikamente zur Prävention der akuten Höhenerkrankungen, die eine Bergbesteigung leichter machen sollen.

Aber auch Substanzen, die aus Dopingfällen im Leistungssport zweifelhafte Berühmtheit erlangt haben, wie z. B. Erythropoetin, stehen auf der Medikationsliste einiger Bergsteiger. Zu dieser Problematik trägt sicherlich auch die extreme Kommerzialisierung des Bergsports, insbesondere des Expeditionsbergsteigens bei. Kommerzielle Anbieter suggerieren in ihren Ausschreibungen oft schon eine „Gipfel-Garantie“. Dafür müssen die Teilnehmer natürlich fit sein und dürfen keinesfalls höhenkrank werden.

An dieser Stelle ist der Einsatz von Medikamenten zur Prophylaxe der akuten höhenbedingten Erkrankungen (akute Bergkrankheit (ABK), Höhenlungenödem (HLÖ) oder Höhenhirnödem (HHÖ)) oft kaum zu umgehen, da häufig die Zeit für eine gute Akklimatisation im Vorfeld der Unternehmung fehlt. Was aus medizinischer Sicht vernünftig klingt, ist aus bergsteigerischer Sicht zumindest diskutabel.

„Dopingliste“ für das Bergsteigen

Der Einsatz von Medikamenten zur Verbesserung von Akklimatisation und Leistungsfähigkeit hat in den vergangenen Jahren nach Angaben der Medizinischen Kommission (MedCom) der Internationalen Vereinigung der Bergsteigerverbände (Union International des Associations UIAA) an den hohen Bergen so stark zugenommen, dass sie 2014 und 2016 Empfehlungen für im Bergsport häufig angewandte Substanzen herausbrachte, eine Art Dopingliste für das Bergsteigen.

Unter Doping wird die Verwendung von Substanzen oder Methoden verstanden, die die Leistungsfähigkeit von Sportlern auf unzulässige Weise steigern. Doping ist dabei definiert als das Vorliegen eines oder mehrerer Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen . Diese werden von der World-Anti-Doping-Agency (WADA) festgelegt.

Verbotene Substanzen und Methoden werden regelmäßig aktualisiert und in der Verbotsliste (sog. Dopingliste) publiziert. Als Verstöße werden lange nicht mehr nur der Nachweis einer verbotenen Substanz oder der Gebrauch einer verbotenen Substanz oder Methode gewertet. Auch die Umgehung einer Probennahme oder Weigerung, sich einer Probennahme zu unterziehen, unzulässige Einflussnahme auf irgendeinen Teil des Dopingkontrollverfahrens und Meldepflichtverstöße gehören dazu, um nur einige zu nennen.

Sollten bei Sportlern aus medizinischen Gründen Substanzen oder Methoden notwendig sein, die auf dieser Verbotsliste stehen, so braucht es eine Ausnahmegenehmigung . Aus dieser Definition wird klar, dass sich Doping im eigentlichen Sinne auf die Bergsportdisziplinen beschränkt, die als Wettkampfveranstaltungen ausgetragen werden. Hier gibt es Regeln, eine Wettkampfordnung, Schiedsrichter und andere Kontrollinstanzen, die die Einhaltung der Regeln kontrollieren. Bei Verstößen werden Sanktionen ausgesprochen, was auch Verstöße gegen die Anti-Doping-Bestimmungen einschließt. Dies wird auch von den UIAA-MedCom-Empfehlungen für alle Wettkampfdisziplinen im Bergsport uneingeschränkt anerkannt .

Alpiner Bergsport ist in der Regel aber eine Freizeitaktivität ohne fixes Regelwerk. Der Einsatz von Medikamenten stellt hier kein Dopingvergehen dar, auch wenn ein Medikament eingenommen werden sollte, das auf der Dopingliste steht. Sanktionen sind nicht angebracht, man kann allenfalls an die Bergsteiger appellieren, sich an gewisse ethische Grundsätze zu halten und auf den Einsatz von bestimmten Hilfsmitteln oder Medikamenten zu verzichten.

By Fair Means

Bereits Ende der 1960er-Jahre wurde dafür der Begriff des „Mountaineering by Fair Means“ (deutsch: Bergsteigen auf faire Weise) geprägt. Er entstand als Reaktion auf die wachsende Popularität des Bergsteigens und den zunehmenden Einsatz technischer Hilfsmittel. „Mountaineering by Fair Means“ bedeutet eine ethische Herangehensweise ans Bergsteigen, bei der Bergsteiger versuchen, Berge auf natürliche und nachhaltige Weise zu besteigen.

Es geht darum, den Wert des Bergsteigens als persönliche Herausforderung und Erfahrung zu betonen, anstatt den Fokus auf die Eroberung des Gipfels um jeden Preis zu legen. Technische Hilfsmittel oder Medikamente werden abgelehnt, was auch den Verzicht auf zusätzlichen Sauerstoff und den Einsatz von Medikamenten zur Prophylaxe höhenbedingter Erkrankungen miteinschließt. Daten über den tatsächlichen Einsatz von Medikamenten an den hohen Bergen dieser Welt gibt es nur wenige, wirklich verlässliche Zahlen noch weniger.

Oft beschränkt sich der Einsatz von Medikamenten auf solche, die zur Prävention der akuten höhenbedingten Erkrankungen eingesetzt werden. Der Anteil an Bergsteigern, die Medikamente zur Prävention von Höhenkrankheiten einnehmen, dürfte umso höher liegen, je einfacher die Besteigung des Gipfels ist, da solche Berge oft auch von Personen bestiegen werden, die weniger erfahren sind, weniger häufig Hochtouren gehen und dadurch auch häufiger nicht gut akklimatisiert sind.

Schmerzmedikamente kommen ebenfalls regelmäßig zum Einsatz. Außerdem scheinen sich Schlafmedikamente großer Beliebtheit zu erfreuen. Der Anteil an Bergsteigern, die Medikamente mit dem primären Ziel der Leistungssteigerung einnehmen, dürfte eher gering sein, genauso wie der Anteil derer, die andere Stimulanzien als Koffein und Nikotin zu sich nehmen.

Acetazolamid (Diamox®) und Kortisonpräparate nachgewiesen

Messungen in Urinproben in der Mont-Blanc-Region brachten den Nachweis von Medikamenten bei gut einem Drittel der Bergsteiger, allein bei 21 % der Substanz Acetazolamid (Diamox®) . Schätzungen gehen davon aus, dass an den höheren Bergen der präventive Einsatz von Medikamenten noch häufiger ist und gut die Hälfte der Bergsteiger Medikamente einnimmt.

Dazu passen Zahlen vom Kilimandscharo zum Einsatz von Acetazolamid. In einer Befragung gaben 37 % der Bergsteiger an diesem Berg an, prophylaktisch Acetazolamid einzunehmen . Grund für die Einnahme von Acetazolamid ist die Prävention der akuten Bergkrankheit. Möglicherweise wurde in der Studie am Kilimandscharo die tatsächliche Einnahmehäufigkeit aber noch unterschätzt, denn Häufigkeit und Schwere der ABK waren in dieser Untersuchung unabhängig von der Einnahme von Acetazolamid.

Dies ist erstaunlich, hat Acetazolamid doch in zahlreichen Studien schon seine Wirksamkeit in der Prävention der ABK bewiesen. Acetazolamid ist ein Diuretikum und steht als solches in der Gruppe der Maskierungsmittel auf der Dopingliste. Neben Acetazolamid werden häufig auch Kortisonpräparate wie Dexamethason zur Prävention von Höhenerkrankungen eingesetzt.

Sie eignen sich sehr effektiv zur Prävention von Bergkrankheitssymptomen und haben zusätzlich noch einen leistungssteigernden Effekt. Beim prophylaktischen Einsatz ist bei längerer Anwendung Vorsicht geboten, da die Präparate dann nicht einfach abgesetzt werden können, sondern langsam ausgeschlichen werden müssen. Haupteinsatzgebiet ist – und deswegen gehört Dexamethason auch in die Rucksackapotheke beim Expeditionsbergsteigen – die Therapie schwerer Formen der ABK und des HHÖ. Auch Kortisonpräparate sind gemäß Dopingliste in Tablettenform oder als Injektion/Infusion verboten.

Medikamente zur Prävention des Höhenlungenödems und Schlafmittel

Zur Prävention des HLÖ haben sich Medikamente als effektiv erwiesen, die den Blutdruck im Lungenkreislauf senken, allen voran Nifedipin. In den vergangenen Jahren kamen hier immer häufiger sogenannte Phosphodiesterase-5-Inhibitoren zum Einsatz (Viagra oder ähnliche Präparate), weil eine Studie deren Wirksamkeit in der Prophylaxe des HLÖ belegt hat und in einer weiteren Studie bei den teilnehmenden Probanden eine erhöhte Leistungsfähigkeit gemessen wurde.

Der Einsatz ist aus medizinischer Sicht in der Regel unproblematisch, auch wenn er zur HLÖ-Prophylaxe nicht notwendig sein sollte. Auch bezüglich Anti-Dopingregularien sind diese Medikamente unproblematisch. Sie stehen nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen. Gängige Schmerzmittel dürften bei leichten Formen der ABK sehr häufig eingenommen werden.

Problematisch kann der Einsatz von Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin) werden, da es die Funktion der Blutplättchen bei der Blutstillung blockiert, was bei Verletzungen eine erhöhte Blutungsgefahr bedeuten kann. Außerdem können in großer Höhe Magengeschwüre spontan auftreten , deren Entstehung durch einige Schmerzmittel zusätzlich begünstigt wird.

Schmerzmittel stehen mit Ausnahme der Opiate nicht auf der Dopingliste. Neben Medikamenten zur Krankheitsprophylaxe werden zudem häufig Schlafmedikamente eingesetzt. In der Untersuchung von Robach war eines der Schlafmedikamente (Wirkstoff Zolpidem) sogar die zweithäufigste nachgewiesene Substanz.

Problematisch ist der Einsatz dann, wenn die Substanz während des Schlafs nicht vollständig abgebaut werden kann und am nächsten Morgen beim Aufbruch zur nächsten Etappe noch eine Restwirkung besteht. Dadurch besteht erhöhte Unfallgefahr. Schlafmedikamente stehen ebenfalls nicht auf der Dopingliste, Ausnahme sind auch hier wieder die Opiate.

Blaue Pille
Die Einnahme von Medikamenten und leistungssteigernden Mitteln im Bergsport ist kein neues Phänomen.

Stimulanzien, EPO (Erythropoetin) und Sauerstoff

Über den Einsatz von Stimulanzien und Medikamenten zur Leistungssteigerung kann dagegen nur spekuliert werden. In der Untersuchung von Robach wurden in ca. 4 % der Proben Stimulanzien nachgewiesen, wobei Koffein die am häufigsten nachgewiesene Substanz war. Ebenfalls häufig nachgewiesen wurde Pseudoephedrin, welches in vielen Erkältungsmedikamenten enthalten ist.

Abbauprodukte von Kokain wurden aber auch fast so häufig wie Koffein gefunden. Stimulanzien stehen grundsätzlich alle auf der Dopingliste. Davon gibt es wenige Ausnahmen. Koffein und Nikotin sind zwei dieser Ausnahmen. Sie werden derzeit lediglich überwacht, die Einnahme aber nicht sanktioniert. Außerdem wird über den gelegentlichen Einsatz von Erythropoetin (bekannt als EPO, auch Erythropoietin, Epoetin) bei Höhenbergsteigern berichtet .

Erythropoetin und ähnliche Substanzen stehen selbstverständlich auf der Dopingliste, zum einen wegen der leistungssteigernden Wirkung, zum anderen aber auch wegen der erheblichen gesundheitlichen Risiken, die mit der Anwendung einhergehen. In erster Linie ist das ein erhöhtes Risiko für Thrombosen oder Embolien sowie Komplikationen im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems. Außerdem steht Erythropoetin im Verdacht, Tumorwachstum zu begünstigen.

Insbesondere an den höchsten Bergen der Welt dürfte aber Sauerstoff das am häufigsten angewendete leistungssteigernde „Medikament“ sein. Sauerstoff steht nicht auf der Dopingliste, verbessert in großen Höhen aber die Sauerstoffversorgung und führt so zu einer deutlichen Verbesserung der Leistungsfähigkeit in der Höhe.

Er „reduziert“ – wenn man so will – die Höhe der höchsten Berge ganz erheblich, macht beispielsweise aus dem Mt. Everest einen 7000er.

Was empfiehlt die UIAA MedCom?

Die Empfehlungen der UIAA MedCom nehmen Stellung zu diesen und noch einigen anderen im Bergsport angewendeten Substanzen und setzen bei der Wertung bezüglich ihren Einsatzes beim Bergsteigen außerhalb des Wettkampfsports in erster Linie auf Vernunft, Aufklärung und Transparenz. Die abgeleiteten Empfehlungen werden in Analogie zur evidenzbasierten Wissenschaft gewertet, genauso wie die zugrundeliegende Datenqualität: starke (Grad 1) oder schwache (Grad 2) Empfehlung, gute (A), mäßige (B) oder schlechte (C) Datenqualität.

Auch ob eine Substanz auf der WADA-Dopingliste steht, spielt eine Rolle bei der Empfehlung . Der Einsatz der gängigen Substanzen, mit denen eine Prävention der akuten höhenbedingten Erkrankungen (ABK, HLÖ, HHÖ) in Studien gezeigt werden konnte, wird von der UIAA MedCom empfohlen, sofern eine entsprechende Prävention durch natürliche Akklimatisation nicht möglich ist, insbesondere um die Gefahr zu minimieren, die von diesen Erkrankungen ausgeht.

Außerdem empfiehlt die UIAA MedCom aus medizinischer Sicht den Einsatz von zusätzlichem Sauerstoff in Höhen über 7500 Metern. Auch bei dieser Empfehlung steht wieder das medizinische Risiko der höhenbedingten Hypoxie im Vordergrund. Unter bestimmten Voraussetzungen werden auch Schlafmittel empfohlen, weil sie den Schlaf verbessern können, ohne einen negativen Einfluss auf die Aktivitäten des nächsten Tages zu haben .

Diese Empfehlungen stehen im Gegensatz zu den Prinzipien des „Mountaineerings by Fair Means“, die den prophylaktischen Einsatz von Medikamenten komplett ablehnen, genauso wie den Einsatz von zusätzlichem Sauerstoff. Die Einnahme von Medikamenten zur Prophylaxe von Höhenkrankheiten kann aber nicht pauschal als Doping oder Doping-Verhalten gewertet werden.

Insbesondere dann nicht, wenn die Gesundheit im Vordergrund steht, auch wenn es sich bei den wirksamen Substanzen (Dexamethason und Diamox®) um Wirkstoffe handelt, die auf der Dopingliste stehen. Unter dem Gesichtspunkt des „Mountaineerings by Fair Means“ lässt sich hierüber sicherlich trefflich diskutieren. Letztendlich muss das im alpinen Bergsport aber jede Person für sich selbst entscheiden.

Der Einsatz von Medikamenten in der Therapie ist aus ärztlicher Sicht aber auch am Berg unstrittig. Hier steht die Gesundheit an erster Stelle. Für Medikamente, die die Leistungsfähigkeit – nicht nur im Bergsport – steigern, sollte es aber keinen Platz geben. Leider wird in den UIAA-MedCom-Empfehlungen der Einsatz von Erythropoetin nicht eindeutig abgelehnt. Hier lautet die Empfehlung nur, dass der Gebrauch vermieden werden soll .

Ein weiterer Punkt sollte in der Diskussion aber auch berücksichtigt werden. Im Bergsport gibt es zahlreiche Rekorde, die außerhalb offizieller Wettkämpfe angepeilt oder aufgestellt werden. Angefangen von Erstbesteigungen bis hin zu Geschwindigkeitsrekorden für den Durchstieg von bestimmten Wänden oder Routen. Solche Rekorde werden heute medial genutzt und sind in der Regel auch mit finanziellem Profit verbunden.

Gewisse einheitliche Richtlinien sind hier bisher allgemein akzeptiert und werden von den Athleten in der Regel auch respektiert, sodass eine Art Dopingkontrollsystem noch nicht erforderlich war. Angesichts der Erfahrungen aus dem Leistungssport in anderen Sportarten kann man aber davon ausgehen, dass früher oder später ein Athlet nicht akzeptierte Hilfsmittel einsetzt, ohne diese zu deklarieren. Man sollte darauf vorbereitet sein.

Fazit

Doping im eigentlichen Sinne ist im Bergsport derzeit auf die Wettkampfdisziplinen begrenzt und die entsprechenden Regularien werden hier auch anerkannt. Trotzdem stellt auch im alpinen Bergsport der Einsatz von Substanzen, die allein der Leistungssteigerung dienen, ein Doping-ähnliches Verhalten dar, selbst wenn kein entsprechendes Regelwerk existiert. Rekorde im alpinen Bergsteigen werden derzeit auf der Grundlage des Vertrauens in allgemein akzeptierte Regeln aufgestellt.

Es sollte unbedingt vermieden werden, dass im Rahmen solcher Unternehmungen Kontrollen notwendig werden. Sofern die Kommerzialisierung des Bergsports aber weiter zunimmt, könnte dies künftig eine große Herausforderung werden. Doping-ähnliches Verhalten im alpinen Bergsport abseits von Wettkampfsport und Rekorden sollte unter dem Gesichtspunkt des „Mountaineerings by Fair Means“ oder der UIAA-MedCom-Empfehlung diskutiert werden.

Die UIAA MedCom rückt den medizinischen Aspekt in den Vordergrund, „Mountaineering by Fair Means“ hat primär die bergsteigerische Sicht im Fokus. Beide Ansichten haben ihre Berechtigung und stecken einen Korridor ab. In der Natursportart Bergsteigen muss aber jeder selbst entscheiden, wo in diesem Korridor man sich bewegen möchte.

Bergsport und Gesundheit, #8

Diese Serie organisieren und betreuen Dr. Nicole Slupetzky (Vizepräsidentin des ÖAV und Präsidentin des Clubs Arc Alpin) und Prof. Dr. Marc Moritz Berger (Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Essen, Deutschland; Präsidiumsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin). Der Experte für Prävention und Therapie der akuten Höhenkrankheiten und für alpine Notfallmedizin ist Mitinitiator des Symposiums für Alpin- und Höhenmedizin Salzburg, das gemeinsam mit dem Österreichischen Alpenverein organisiert wird.

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Hier geht’s zum vorherigen Artikel aus der Serie Gesundheit und Bergsport.

Literatur

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  9. Wu TY, Ding SQ, Liu JL, Jia JH, Dai RC, Zhu DC, Liang BZ, Qi DT, Sun YF. High-altitude gastrointestinal bleeding: an observation in Qinghai-Tibetan railroad construction workers on Mountain Tanggula. World J Gastroenterol. 13(5):774-780, 2007.

Erschienen in der
Ausgabe #124 (Herbst 23)

bergundsteigen #124 cover (Schwerpunkt: Inklusion)