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Hubschrauber des Bundesministeriums I bergundsteigen.blog|Dokumentation eines Skiunfalls Hintertux. © Bruno Guttmann I bergundsteigen.blog|Lawinenunfallerhebung © Bruno Guttmann I bergundsteigen.blog|Stefan Jungmann I bergundsteigen.blog
28. Jan 2020 - 5 min Lesezeit

Die Alpinpolizei

... unter besonderer Berücksichtigung der Aufgaben nach einem Lawinenunfall
„Was macht die Polizei in den Bergen und in den Skigebieten?“, mit dieser Frage werden wir fast täglich konfrontiert, wenn wir in unserer blau-roten Alpinuniform mit den Liften bergwärts fahren oder in den Bergen unterwegs sind. Die Antwort ist einfach: Die Gesetze hören nicht bei der Wald- oder Nebelgrenze auf, sondern müssen bis zum höchsten Punkt unseres Staates beachtet und vollzogen werden. 

Ausbildung & Aufgaben

Der Weg zum Alpinpolizisten ist vielfältig und langwierig. Nach der Grundausbildung zum Polizisten kann man sich bei Interesse zum Spezialbereich „Alpinpolizei“ melden. Nach mehrjähriger und umfangreicher alpiner Ausbildung im Winter (Skikurs, Skitourenkurs) und Sommer (Fels- und Eiskurs) erreicht man die Qualifikationen „Alpinist“ sowie „Hochalpinist“. 

Nach weiteren Prüfungen und erfolgreichen Ausbildungen im Winter und Sommer sowie Spezialkursen im Steileis- und Sportklettern darf man sich Polizeibergführer nennen. Auch eine weitere Qualifikation zum staatlich geprüften Skilehrer oder zum Flight Operator bei den Hubschraubern des Bundesministeriums für Inneres (BMI) sowie im Canyoningbereich ist möglich. 

Für unsere Tätigkeiten im alpinen Gelände haben wir einen gesetzlichen Auftrag nach den div. Bundes- oder Landesgesetzen und Verordnungen. Aufgrund dieser erheben wir Unfälle oder strafrechtlich relevante Vorkommnisse und berichten diese den zuständigen Behörden. 

Der Aufgabenbereich ist vielfältig und reicht von „Erster allgemeinen Hilfeleistung“ über Gefahrenerforschung und Abwehr, Suche/Fahndung nach abgängigen Personen, Erhebung und Dokumentation von Unfällen bis zur Unfallforschung. 

Alpinpolizist in der markanten blau-roten „Berguniform“ bei der Dokumentation eines Skiunfalles am Hintertuxer Gletscher/Tirol. Foto: Bruno Guttmann

Um die Alpinunfallstatistik immer am aktuellsten Stand zu halten, wird jeder Alpinunfall unmittelbar in die Unfalldatenbank des Bundesministeriums für Inneres eingetragen. Die anonymisierten Daten werden dem Kuratorium für Alpine Sicherheit übermittelt und dort ausgewertet. 

In jedem Bezirk Österreichs mit alpiner Topografie (ausgenommen Wien und Burgenland) gibt es eine alpine Einsatzgruppe, deren Leiter ein Polizeibergführer sein muss. Dieser versieht in den meisten Bezirken hauptberuflich seinen Dienst am Bezirkspolizeikommando. Die Mitglieder der Einsatzgruppen arbeiten auf einer Polizeiinspektion und werden bei Bedarf im Alpindienst eingesetzt und bei Alpinunfällen zur Erhebung dieser herangezogen. 

Jährlich gibt es mehrere Fort- und Weiterbildungen sowie Trainings zur Verbesserung des Eigenkönnens und zur Erhaltung der fachlichen und körperlichen Fitness. 

Auch in unseren Nachbarländern Bayern, Schweiz und Italien gibt es Beamte, die – ähnlich wie bei uns in Österreich – im Alpindienst tätig sind. Die gesetzlichen Voraussetzungen und Vorgaben, die Ausbildung und das Dienstsystem der Alpinpolizisten sind aber in jedem Land etwas unterschiedlich.  Dies wird bei immer wieder stattfindenden internationalen Treffen im Rahmen eines Erfahrungsaustausches gegenübergestellt und diskutiert.

Ein Polizeibergführer bei der Erhebung nach einem Lawinenunfall. Foto: Bruno Guttmann

Lawinenunfall

Ein Lawinenunfall stellt für uns Alpinisten jedes Mal eine neue Herausforderung dar. Nach der Einsatzmeldung wissen wir, dass es jetzt auf jede Minute ankommt, um Menschen hoffentlich noch lebend aus einer Lawine retten zu können. Notarzthubschrauber, Bergrettung und Lawinenhundeführer werden von den Leitstellen alarmiert und auch die Alpinpolizisten versuchen, so schnell wie möglich zur Unfallstelle zu gelangen. Meistens wird dies durch den Einsatz des Polizeihubschraubers, der auch für die Rettungskräfte zur Verfügung steht, gewährleistet. 

Nachdem die Rettung und Bergung der Verschütteten beendet ist, fängt für uns die Aufgabe erst richtig an. Vermessen, Dokumentieren, Fotografieren, Spuren sichern und weitere Aufgaben fallen in die sogenannte Ersterhebungen. Bei Lawinenunfällen mit schwer verletzten oder sogar getöteten Personen sowie bei Beteiligung von verantwortlichen Bergführern, Skilehrern oder sonstigen Verantwortungsträgern wird nach ersten Erkenntnissen vom Unfallgeschehen Kontakt mit dem Staatsanwalt aufgenommen. Dieser ist der Ermittlungsleiter, wir fungieren als sein „verlängerter Arm“ und arbeiten bei den Erhebungen eng mit ihm zusammen. 

Der Staatsanwalt entscheidet letztendlich, ob gerichtlich beeidete Sachverständige zur Befundaufnahme und Erstellung eines Gutachtens herangezogen werden und ob z.B. Gegenstände, die unfallkausal sein könnten (LVS-Geräte, ABS-Rucksäcke etc.) beschlagnahmt werden. All diese Tätigkeiten müssen zeitnah zum Geschehen stattfinden.

Zusammen mit einem eventuell bestellten Gutachter und oft mit Mitarbeitern der Lawinenwarndienste werden die weiteren Erhebungen und Sachverhaltsaufnahmen vor Ort durchgeführt. 

Ein solch schwerwiegendes Ereignis muss von den beteiligten Personen erst verarbeitet werden. Daher werden diese, ob Opfer oder Beschuldigte, erst einige Zeit nach dem Unfall nach Vorgabe der Strafprozessordnung einvernommen. Dabei werden vorwiegend Polizeibergführer mit entsprechender Ausbildung eingesetzt.

Da jeder Lawinenunfall von großem medialen Interesse ist, besonders wenn Verantwortungsträger wie Bergführer, Skilehrer, Vereinsführer, Lawinenkommissionen usw. am Unfall beteiligt sind, gilt es – wie für alle beteiligten Parteien – auch für uns, damit professionell umzugehen, wobei wir hier geschult sind bzw. auf eine Pressestelle verweisen können.

Wenn dann alle Fakten, Vernehmungen, Auswertungen etc. vorhanden sind, wird ein umfangreicher Abschlussbericht an die zuständigen Behörden, allen voran an die Staatsanwaltschaft übermittelt. In diesem werden die Fakten objektiv dargestellt, keinesfalls steht im Abschlussbericht eine Beurteilung der Geschehnisse. Dies ist dem gerichtlich beeideten Sachverständigen in seinem Gutachten überlassen. Für die Alpinpolizei ist damit der Lawinenunfall abgeschlossen, es dauert jedoch oft noch Monate, bis eine Entscheidung über die weitere Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft getroffen werden kann. 

P.S.: Da in den Bergen niemand vor einem Lawinenabgang gefeit ist, abschließend noch eine große Bitte an alle Bergbegeisterten, stellvertretend für alle Rettungsorganisationen: Meldet auch einen Lawinenabgang, bei dem niemand zu Schaden gekommen ist, bei der Leitstelle. Damit können zahlreiche Fehleinsätze der Retter vermieden werden. ◼︎

Titelbild:

Die Hubschrauber des BMI (Bundesministerium für Inneres) werden über die Leitstellen parallel zu anderen Einsatzkräften mitalarmiert. Sind sie als Erste vor Ort, übernehmen sie – wie am Foto nach einem Lawinenunfall – alle notwendigen Such- und Rettungsarbeiten bzw. arbeiten mit den weiteren Rettungseinheiten zusammen, wenn diese vor Ort sind. Danach beginnt ihre eigentliche „Polizeiarbeit“.

Erschienen in der
Ausgabe #109 (Winter 19-20)

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