CIRCUS ANTARCTICA – Das Polarexpeditions-Klassifikations-Schema, Teil 2
Die Entwicklung des modernen Expeditionsgeschehens in der Antarktis und ein Versuch der Klassifizierung des Eisreisens. Teil 2: Fakten und Hintergründe
Geographische Fakten und historische Hintergründe
Titelbild Abb. 4: Die Lage des Südpols auf der langsam fließenden Eisoberfläche wird durch jährlich kunstvoll neu gestaltete Südpolmarker jeweils am 1. Januar exakt auf 90°00‘00‘‘ südlicher Breite markiert. Foto: Christoph Höbenreich 2015 Der geographische Südpol ist kein natürlich sichtbarer Punkt auf der Erdoberfläche, sondern wird durch die Rotationsachse der Erde bestimmt. Da sich der am Südpol 2.700 Meter dicke Eispanzer langsam bewegt, wird die Lage des Pols auf der Eisoberfläche am 1. Januar eines jeden Jahres zentimetergenau neu vermessen und mit einem jährlich kunstvoll neu gestalteten „Südpolmarker“ (Abb. 4) markiert. Zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war das Erreichen dieses ominösen Punktes auf 90 Grad südlicher Breite der wildeste Traum der Polarfahrer. Nach der Eroberung des Südpols durch Roald Amundsen am 14. Dezember 1911 rückte die erste Durchquerung des Kontinents in den Fokus der Begierde. Nachdem der Brite Ernest Shackleton mit seinem Plan der ersten Antarktisdurchquerung im Zuge der Imperial-Trans-Antarctic-Expedition 1915 durch den Untergang der Endurance schon im Packeis der Weddelsee scheiterte, gelang die erste Kontinentaltransversale schließlich während des internationalen geophysikalischen Jahres 1957/58 dem Geologen und späteren Direktor des British Antarctic Survey in Cambridge Vivian Fuchs und dem neuseeländischen Everest-Erstbesteiger Edmund Hillary mithilfe von Traktorzügen. Zahlreiche wissenschaftliche Traversen mit schweren Raupenfahrzeugen folgten. 1980/81 fuhren die Briten Ranulph Fiennes, Charles Burton und Oliver Shephard im Zuge ihrer vierjährigen Transglobe-Expedition zur Umrundung der Erde entlang des Greenwich-Meridians via beide Pole mit Skidoos quer durch Antarktika. 1985/86 folgten Roger Mear, Robert Swan (beide UK) und Gareth Woods (CAN) nach einer Überwinterung mit Ski und Schlitten den Spuren von Robert Scott11 von Cape Evans über den gefährlichen Beardmore-Gletscher. Als sie nach 1.405 Kilometern den Südpol erreichten, ereilte sie die Nachricht, dass zur gleichen Zeit ihr Schiff Southern Quest in der Ross-See vom Packeis zermalmt worden und gesunken war.12 Nachdem die wichtigsten geographischen Ziele auch in der Antarktis längst erforscht, durchquert und bestiegen waren, begannen professionelle Abenteurer ab den frühen 1990er-Jahren neue Möglichkeiten zu suchen, alte Herausforderungen neu zu definieren und Kriterien für neue Rekorde aufzustellen. Bei modernen Langstreckenläufen ist die zurückzulegende Distanz ein entscheidendes Kriterium. Dabei gibt es unterschiedliche Ansätze, wo gestartet wird – je nachdem, ob die meerseitige Schelfeiskante oder erst der dem Südpol näher gelegene, landseitige Beginn eines Schelfeises als Kontinentalrand herangezogen wird. Aufgrund flugtechnischer Verzögerungen legten Reinhold Messner und Arved Fuchs (D) 1989/90 den Startpunkt ihrer Antarktisdurchquerung am inneren Rand des Ronne-Filchner-Schelfeises fest, wo sie auf 82°05’S und 71°58,5’W mit einer Twin-Otter abgesetzt wurden und losmarschierten. In diesem Bereich befindet sich die mehrere Kilometer breite „Groundingline“, wo sich der vom Südpolarplateau herabfließende Inlandeispanzer vom Untergrund löst und als 500 bis 1.000 Meter dicke Schelfeistafel am Meer aufschwimmt. Diese in der Natur kaum feststellbare Zone ist als innere Küstenlinie für Südpolexpeditionen anerkannt. Der heute als „Messner-Start“ bekannte und beliebte Startpunkt liegt übrigens 110 Kilometer weiter östlich des Startpunkts von Messner und Fuchs und ca. 860 Kilometer Luftlinie vom Südpol entfernt. Ein anderer gerne verwendeter Startpunkt für Südpolgeher liegt beim Hercules Inlet, 1.130 Kilometer vom Pol entfernt. Hier startete bereits 1988/89 erstmals eine kommerzielle, elfköpfige Skiexpedition mit Skidoo-Unterstützung unter der Führung von Martyn Williams (CAN) zum Südpol. Dabei erreichten mit Shirley Metz und Victoria Murden (beide USA) auch die ersten Frauen den Südpol „overland“ mit Ski.13Nicht nur das „Was?“ auch das „Wie?“ entscheidet
Eine der wohl spektakulärsten Antarktisdurchquerungen aller Zeiten war die legendäre „Transantarctica“. Dem internationalen Team unter der Leitung von Will Steger (USA) und Jean-Louis Etienne (F), Victor Bojarski (USSR), Geoff Somers (UK), Keizo Funatsu (JP) und Qin Dahe (CHN) gelang 1989/90 mit drei Hundeschlittengespannen die längste jemals durchgeführte Antarktis-Durchquerung (Abb. 5, 6). Sie führte von der Spitze der Antarktischen Halbinsel über das mittlerweile aufgelöste und nicht mehr vorhandene Larsen-Schelfeis, an den Ellsworth Mountains vorbei, über die US-Amundsen-Scott-Station am Südpol und die damals sowjetische Vostok-Station bis zur Mirnyi-Station in der Ostantarktis: Kaum vorstellbare 6.048 Kilometer14 mit Ski und Hundeschlitten in sieben Monaten (220 Tagen)! Ein phantastisches Abenteuer, das seinesgleichen sucht. Die erforderliche Logistik war groß angelegt. Ein Jahr vorher wurden 14 Tonnen Hundefutter, Nahrungsmittel und Brennstoff auf der geplanten Route in 18 Depots ein- und während der Expedition erschöpfte oder kranke Hunde zur Erholung ausgeflogen und durch „frische“ ersetzt. Aufgrund der enormen Strecke und Dauer war es sogar notwendig, bereits im Polarwinter und unter härtesten Witterungsbedingungen aufzubrechen. Erstmals gelang es, den gesamten Kontinent ohne Motorfahrzeuge zu durchqueren – und das gleich auf der denkbar längstmöglichen Route. Es war auch die letzte Expedition, die sich noch konventionell mit Sextanten und Hodometer (Kilometerzähler auf einem Laufrad) und noch nicht mit der gerade aufkommenden Satellitennavigation orientierte, was eine ganz besondere Qualität des Abenteuers darstellte. Abb. 5 Wind, Eis und Kälte bei einer Pause der Transantarctica 1989/90 scheinen Keizo Funatsu (JP), Jean-Louis Etienne (F) und Victor Bojarski (USSR) im Windschatten ihres Hundeschlittens nichts anhaben zu können. Die Transantarctica ist mit 6.048 Kilometern von der Antarktischen Halbinsel über den Südpol bis an die Küste der Ostantarktis in 220 Tagen die längste jemals durchgeführte Durchquerung des antarktischen Kontinents. Foto: Will Steger 1990 Abb. 6 Am Weyerhaeuser-Gletscher der Antarktischen Halbinsel müssen die Mitglieder der Transantarctica-Hundeschlittenexpedition 1989/90 zahlreiche sichtbare und unsichtbare Gefahren meistern. Foto: Will Steger 1989 Abb. 7 Das Schwierigste für die Schlittenhunde der ganzen Transantarctica war, die Hitze Kubas bei der Anreise durch einen ungeplanten technischen Zwischenstopp der Iljuschin IL76 heil zu überstehen. Zwei der vierbeinigen Expeditionsmitglieder kamen auf der Karibikinsel durch Überhitzung ums Leben. Vor den klirrenden Temperaturen im Eis konnten sich alle Tiere instinktiv schützen. Foto: Will Steger 1989 Hundeschlittenexpeditionen (Abb. 7) sind heute leider nicht mehr möglich. Das 1991 beschlossene Umweltprotokoll zum Antarktisvertrag erlaubt nämlich keine Schlittenhunde am Kontinent mehr. Dass das Umweltprotokoll die eleganten Hundeschlittengespanne aus den Zeiten der Entdecker gerade aus Gründen des Umweltschutzes – und zwar zum Schutz der einheimischen Tierwelt vor übertragbaren Krankheiten – verbietet, ist zwar verständlich. Es erscheint aber doch irgendwie ironisch, dass Motorfahrzeuge (Abb. 8) aller Art hingegen zulässig sind. Die traditionsreiche Ära der Entdeckung des Kontinents mit den Hundeschlittengespannen ist jedenfalls seit Anfang der 1990er-Jahre vorbei und damit ein großartiges und ebenso spannendes wie emotionales Kapitel der Erforschung des Kontinents. Abb. 8 Während Hundeschlitten als Transportmittel seit 1991 durch das Umweltprotokoll zum Antarktisvertrag verboten sind, sind Motorfahrzeuge jeglicher Art erlaubt, was zwiespältige Gefühle weckt. Es bedarf besonnener Köpfe für den behutsamen Einsatz von Kraftfahrzeugen, um die Harmonie des Eises und den Abenteuerwert der Wildnis für unmotorisiert Reisende nicht zu zerstören. Foto: Christoph Höbenreich 2009 Bereits Fridtjof Nansen verwendete 1888 bei der berühmten ersten Durchquerung Grönlands auf „Schneeschuhen“15 und 1895 beim Versuch, den Nordpol zu erreichen, auf Kufen- bzw. Kajakschlitten montierte Windsegel. Reinhold Messner und Arved Fuchs waren 1989/90 schließlich die Ersten, die in der Antarktis auf ihrer insgesamt 92 Tage dauernden, ca. 2.390 Kilometer – und nicht wie stets und erst kürzlich wieder kolportiert16 2.800 Kilometer – langen Transversale mit Erfolg Zugschirme einsetzten. Ihre Expedition begann wie bereits erwähnt aufgrund fluglogistischer Probleme nicht anstatt wie ursprünglich geplant am äußeren, sondern erst am inneren Rand des Ronne-Filchner-Schelfeises und führte von dort auf einer bislang unbekannten Route zum Südpol und weiter über den Beardmore Gletscher bis hinaus zur neuseeländischen Scott-Station an der Küste auf der anderen Seite des Kontinents. Der Bergsteiger und der Seemann ließen zwei Depots einfliegen, um ihre Nahrungsmittel- und Brennstoffvorräte ergänzen zu können. Zum ersten Mal gelang ihnen eine Durchquerung Antarktikas ohne unmittelbare Hilfe von Fahrzeugen oder Schlittenhunden nur mit Ski, Pulkaschlitten und Zugschirmen – „by fair means“ oder „nur mit natürlichen Kräften“,17 wie es Reinhold Messner treffend formulierte – sofern man die beiden Depots zur Unterstützung außer Acht lässt. Wann immer es der Wind und die windzerzauste Eisoberfläche zuließen und sie mit ihren für das Ski-Laufen und weniger für das Ski-Fahren konzipierten, weichen Lederschuhen und Telemarkbindungen gleiten konnten, spannten Messner und Fuchs ihre Parawings auf, die ihnen vom Baden-Württemberger Kite-Pionier Wolf Beringer speziell konstruiert wurden. Bereits seit 1961 hatte der aus Berchtesgaden stammende Dieter Strasilla, der als Vater des Gleitschirms gilt, auch an fallschirmartigen Windsegeln für das „Para-Skiing“ in den Schweizer Alpen getüftelt. In der Pionierzeit der 1980er- und frühen 1990er-Jahre wurden die praktisch nur vor dem Wind einsetzbaren Parawings einfach als elegante Innovation des autarken Polarreisens angesehen (Abb. 9). Diese frühen Zugschirme mit ihren kurzen Leinen waren aber noch nicht vergleichbar mit den heutigen, lenkbaren Hochleistungs-Powerkites mit ihren langen Leinen, die es ermöglichen, viel schneller zu reisen, hart am Wind zu kreuzen und geradezu sagenhafte Distanzen zurückzulegen (Abb. 10). Dazu aber später. Abb. 9 Mit den einfachen Drachen und der Ausrüstung der 1980er- und frühen 90er-Jahre konnte man nur vor dem Wind segeln. Die Australier Ben Galbraith und Wade Fairley nützen „Quadrifoils“ als elegante Form des Skireisens im Eis mit natürlichen Kräften. Foto: Eric Philips 1995 Abb. 10 Eric Philips (AUS) verwendet einen leistungsfähigen Powerkite mit langen Leinen in den Bergen Königin-Maud-Lands. Im Hintergrund die von Christoph Höbenreich, Paul Koller und Karl Pichler (alle A) 2009 erstbestiegenen Gipfel „Kamelbuckel“, Himmelsleiter“, „Steirerturm“, „Tiroler Spitze“ und „Österreichspitze“. Foto: Eric Philips 2015 1996/97 verzichtete der Norweger Børge Ousland (Abb. 11) erstmals für eine Durchquerung gänzlich auf Depots und einen Partner. Ihm gelang das erste „Full Solo Unsupported Ski & Snowkite Crossing of Antarctica“, die erste Solo-Skidurchquerung des Kontinents mit abschnittsweiser Verwendung eines Zugschirms von der äußeren Schelfeiskante bei Berkner Island über den Südpol bis an die Küste der Ross-See: 2.845 Kilometer in nur 64 Tagen, im Schnitt knapp über 44 Kilometer pro Tag – und das erstmals ohne jegliche Depots, Versorgung oder Hilfe von außen. Er widerstand sogar der Verlockung, die US-Amundsen-Scott-Station am Südpol zu betreten, um sich zu duschen, und lehnte auch die Einladung zu einem Essen und sogar eine Tasse Kaffee ab.18 Er wollte die ganze Reise komplett unabhängig von jedweder Unterstützung durchziehen und nicht den geringsten Anlass geben, womöglich das begehrte Prädikat „unsupported“ zu gefährden. Das Einzige, was er annahm, waren ein paar ausgedruckte E-Mail-Briefe seiner Familie. Das galt damals ebensowenig als Unterstützung wie heute die Verwendung eines Satellitentelefons. Ihm gelangen ein physischer und psychischer Grenzgang und ein Meilenstein in der Geschichte der Antarktis, der richtungsweisend für die weiteren Hochleistungsexpeditionen war. Abb. 11 Der Norweger Børge Ousland 1996/97 auf der ersten Solo-Durchquerung des antarktischen Kontinents zwischen den beiden äußeren Rändern des Ronne-Filchner- und des Ross-Schelfeises – mit über 2.845 zurückgelegten Kilometern sprengt er die Grenzen des vorstellbar Möglichen. Foto: Archiv Børge Ousland Die nachfolgenden Polarathleten lernten stets von ihren Vor-Läufern und steigerten zunehmend die zurückgelegten Distanzen mit immer leistungsfähigeren Powerkites. So verbesserten die Belgier Alain Hubert und Dixie Dansercoer (Abb. 12) die Drachentechnik im Südpolarsommer 1997/98 auf ihrer mit wissenschaftlicher Akribie vorbereiteten 3.924 Kilometer langen Durchquerung des Kontinents vom Königin-Maud-Land über den Südpol bis an die Küste der Ross-See. Mit ihren neuen, besser lenkbaren Nasawings legten die beiden Belgier völlig autark „in den Zähnen des Windes“, wie sie es beschrieben,19 die bis dahin zweitlängste Distanz auf dem Kontinent in nur 99 Tagen zurück. Sie schafften dabei Tagesetappen von bis zu 271 Kilometern. Eine neue Ära des Polarreisens begann. Abb. 12 Die Belgier Alain Hubert und Dixie Dansercoer setzen 1997/98 mit ihren neu entwickelten „Nasawings“ auf einer 3.924 Kilometer langen Antarktisdurchquerung einen Meilenstein im modernen Polarexpeditionswesen. Ihr Erfolg markiert den Beginn der antarktischen Langstreckenreisen mit leistungsfähigen Lenkdrachen. Foto: Michel Brent 1997 Den Norwegern scheint das polare Skilaufen in die Wiege gelegt zu sein. Immer wieder haben sie große und innovative Marksteine an den Polen gelegt. Für ihre volle Kontinentaldurchquerung kombinierten die Brüder Sjur und Simon Mørdre 1990/91 ihr Hundeschlitten- und Snowkite-Können und starteten erstmals eine Expedition von Berkner Island. Erling Kagge erreichte am 7. Januar 1993 als erster Skiläufer den Südpol solo und unsupported – und ohne Funkgerät. Liv Arnesen lief 1994 vom Hercules Inlet aus als erste Frau mit Ski und Schlitten solo unsupported zum Südpol.20 2005/06 legte Rune Gjeldnes 4.804 Kilometer vom Königin-Maud-Land über den Südpol und dann entlang des Transantarktischen Gebirges bis zur Terra-Nova-Bucht in Viktorialand in nur 90 Tagen zurück. Im Schnitt also über 53 Kilometer am Tag.21 2008 raste Ronny Finsås auf seiner „Express-Expedition“ mit einem Snowkite in nur 5 Tagen die 1.130 Kilometer vom Südpol hinunter zum Hercules Inlet. Und ein weiterer, großer Erfolg in der Antarktis trug ebenfalls eine norwegische Handschrift: Der Norwegerin Cecilie Skog (Abb. 2, 13) und dem Amerikaner Ryan Waters gelang 2009/10 eine Durchquerung des Kontinents über Berkner Island, das Ronne-Filchner-Schelfeis und den Südpol bis zum Fuße des zerrissenen Axel-Heiberg-Gletschers (Abb. 13), der den landseitigen Beginn des Ross-Schelfeis markiert. Hier wurden sie von einer Twin Otter abgeholt. Die beiden schafften mit ihren zu Beginn der Reise 135 Kilogramm schweren Schlitten über 1.800 Kilometer in 70 Tagen und legten im Schnitt 25 Kilometer pro Tag zurück. Dabei verzichteten sie bewusst auf jegliche Nutzung der Windkraft und durchquerten den Kontinent erstmals ausschließlich aus eigener Kraft. Für eine „volle Durchquerung“ des Kontinents fehlte ihnen „nur“ mehr die Begehung des Ross-Schelfeises.22 Seit 13. Januar 2011 hält auch ein Norweger den „Weltrekord“ auf der 1.130 Kilometer langen Skirennstrecke Hercules Inlet – Südpol: Der durchtrainierte Christian Eide eilte ebenfalls nur mit Ski und Schlitten in einer Spitzenzeit von nur 24 Tagen, 1 Stunde und 13 Minuten, zum Pol – ein fabelhafter Schnitt von über 47 Kilometern am Tag. Und 2011/12 lief Aleksander Gamme auf einer Strecke von 2.260 Kilometern die bislang längste Solo-Unsupported-Ski-Expedition und zeigte dabei echten Sportsgeist: Der Norweger startete am 29. Oktober 2011 vom Hercules Inlet, erreichte zu Weihnachten den Südpol und kehrte am 23. Januar 2012 bis einen Kilometer vor seinem ursprünglichen Startpunkt entfernt zurück. Hier wartete er bis zum 26. Januar, um dann die Ziellinie gemeinsam mit James Castrission und Justin Jones (beide AUS) zu überqueren, die die gleiche Strecke gelaufen waren. Abb. 13 Cecile Skog (NOR) sucht eine sichere Abstiegsroute vom Südpolarplateau über den spaltenreichen Axel-Heiberg-Gletscher hinunter zur inneren Küstenlinie, wo das Ross-Schelfeis (in Bildmitte hinten) beginnt. Foto: Ryan Waters 2010 Es macht sich bereits eine neue Generation von Polarabenteurern auf, ihre ambitionierten Ziele an den Ende der Erde zu suchen und diese in ihrem eigenen Stil anzugehen, der durch technisches Können und eine gewisse Leichtigkeit des Seins besticht: So etwa der Kanadier Eric McNair-Landry, dessen Eltern Matty McNair und Paul Landry zu den erfahrensten und besten Polarführern der Welt gehören. In Iqaluit mit Schlittenhunden aufgewachsen, kiten Eric und seine ebenfalls polarerfahrene Schwester Sarah McNair-Landry seit Teenagertagen und haben bereits als Jugendliche Grönland durchquert, die berüchtigte Nordwestpassage (Abb. 14) bewältigt und auch am Südpol auf fast schon spielerische Weise neue Maßstäbe gesetzt. 2011/12 kitete Eric mit Sebastian Copeland (USA/F) auf einer ca. 4.100 Kilometer langen 81-tägigen Doppel-Pol-Überquerung von der Ostantarktis zuerst über die verlassene russische Station Poljus Nedostupnosti (Unzugänglichkeitspol) mit der legendären Leninbüste und dann weiter über den Südpol bis in die Westantarktis. Abb. 14 Die Geschwister Eric und Sarah McNair-Landry (CAN) bewältigen 2011 die 3.300 Kilometer lange Nordwestpassage mit modernen Lenkdrachen, die hohe Geschwindigkeiten und Langstreckenreisen ermöglichen. Unfall- und Verletzungsrisiko, Kraft- und Konzentrationsaufwand sind mit diesen Sportgeräten jedoch enorm. Foto: Archiv Sarah McNair-Landry Der in der Schweiz lebende, vielseitige südafrikanische Extremabenteurer Mike Horn verzichtete 2016 auf eine Anreise mit Flugzeugen und segelte ganz im Stile der Entdecker mit seiner Yacht Pangäa an die Prinzessin-Astrid-Küste. Er lud Ski, Schlitten und Kiteschirm an Land und durchquerte alleine die Antarktis über den Südpol bis zur französischen Polarstation Dumont d’Uurville in Adélieland auf der anderen Seite des Kontinents. Er legte für sein „Full Solo Snowkite Crossing“ eine Strecke von ca. 4.930 Kilometern in nur 57 Tagen zurück. Ein großer Triumph wahren Abenteurergeistes, der nur dadurch etwas getrübt wird, dass er eine nicht verifizierte Distanz von 5.100 Kilometern angibt. Ein Schelm, wer denkt, er hätte diese Zahl vielleicht nur deshalb verbreitet, um den damals geltenden Weltrekord der längsten, jemals unternommenen Snowkitereise von 5.067 Kilometern zu übertrumpfen, den Michael Charavin (F) und Cornelius Strohm (D) zwei Jahre zuvor auf ihrem Full Unsupported Loop „Wings over Greenland“ in Grönland aufgestellt hatten. Ein Detail am Rande: Dass Mike Horn am Südpol ein warmes Essen annahm, löste unter Hardcore-Puristen schließlich die Frage aus, ob er denn dem Status „unsupported“ nach strengen Maßstäben noch gerecht wird. Er hatte ja eine Unterstützung von außen angenommen. Oder war es bloß ein Symbol seines unbändigen Freiheitsdranges und ein kleines Zeichen, Widerstand gegen jedwede Art von Regeln oder Konformität zu zeigen? Für sein erfolgreiches Durchkommen war diese Mahlzeit jedenfalls wohl nicht entscheidend. Amundsen und Scott hätten solche „Probleme“ gewiss amüsiert. Den neuen Rekordjägern scheint aber mittlerweile sogar die Weite der Antarktis zu eng zu werden. Anstelle bloßer Durchquerungen des Kontinents von der einen auf die andere Seite werden Streckenrekorde nun bereits auf Extremrundreisen angepeilt. Den Rekord für die bislang längste Solo-Reise in der Antarktis stellte 2019/20 der Australier Geoff Wilson mit einer 5.179 Kilometer23 langen Snowkiterunde in der Ostantarktis auf. Damit nicht genug erreichte er auf seiner Tour auch die Leninbüste der Station des Unzugänglichkeitspols und als erster Mensch unmotorisiert und solo sogar noch den 4.093 Meter hohen Dome Argus, den höchsten Eisdom am Südpolarplateau, wo im Winter Temperaturen unter minus 90° C herrschen.24 Es ist die längste Snowkitereise, die bislang je ein Mensch in der Antarktis unternommen hat. Und das alleine!Die Zukunft hat bereits begonnen
Rückblickend lassen sich die Entwicklungen des antarktischen Expeditionsgeschehens der letzten 30 Jahre erkennen. Manche sahen dem Motto „by fair means“ – oder eigentlich „by purest means“ – folgend den Verzicht auf die Nutzung des Windes als Antriebskraft und somit das Schlittenziehen aus eigener Kraft (Abb. 15) als die puristischste Form des Polarreisens an, so als ob das Snowkiten gar eine Reiseform „by unfair means“ wäre. Ein Blick in die Geschichte erklärt diese wertende – und heute antiquiert wirkende – Denkweise. Bereits während des „Heroic Age of Antarctic Exploration“ durchdrang die britischen Expeditionen eine Abneigung gegen den von Norwegern praktizierten Einsatz von Schlittenhunden. Das „Manhauling“ galt als Ideal britischen Sportsgeistes. Sogar der 1863–1888 amtierende Präsident der Royal Geographical Society Clement Markham war ein glühender Anhänger des Glaubens an die moralische Überlegenheit der menschlichen Muskel- und Willenskraft. Für die großen norwegischen Entdecker hingegen war das Ziehen eines Schlittens aus eigener Kraft nichts anderes als vergebliche Arbeit, die um jeden Preis vermieden werden sollte. Manche Verfechter bemühen einen Vergleich mit Ruder- und Segelbooten. Aber wer würde schon ein Segelboot ernsthaft als eine Form des Reisens auf See „mit Hilfe“ („aided“, „assisted“) und ein Ruderboot als eine „ohne Hilfe“ („unaided“, „unassisted“) bezeichnen? Diese frühere Betonung polarer Reisetechniken hinsichtlich der Form der Energie, die zur Fortbewegung genützt oder eben nicht genützt wird, ist heute nicht mehr notwendig, auch wenn manche – vor allem die, die nicht snowkiten können oder wollen – noch immer bemüht sind, sie hervorzuheben. Die frühen fallschirmartigen Segel, mit denen sich Polarreisende samt Pulkaschlitten im Schlepptau behelfsmäßig über das Eis ziehen lassen konnten und die als elegante Innovation des autarken Polarreisens angesehen wurden, entwickelten sich zu lenkbaren und immer leistungsfähigeren Powerkites. So entstand eine völlig neue und im Vergleich zum zermürbenden Schlittenziehen aus eigener Kraft nicht minder anstrengende, technisch anspruchsvolle, aber auch verletzungsanfällige Disziplin des Eisreisens. Bei Polarreisen wird die Nutzung des Windes daher längst nicht mehr bloß als eine physische Erleichterung bei der Fortbewegung angesehen. Das Snowkiten hat sich vielmehr als eigenständige Disziplin des Polarreisens etabliert, die gänzlich neue Spielregeln erfordert und schier unglaubliche Höchstleistungen ermöglicht. So stellten Eric McNair-Landry und Sebastian Copeland im Juni 2010 auf ihrer Grönland-Längsdurchquerung den 24 Stunden Streckenrekord von 595 Kilometern und Frédéric Dion (CAN) 2014/15 bei seiner 4.171 Kilometer langen Solo-Antarktisdurchquerung in 24 Stunden und 53 Minuten mit 603 Kilometern einen Rekord für die weiteste, jemals in einer einzigen Reiseetappe zurückgelegte Distanz auf. Wer denkt, das sei einfach ein genussreiches Dahinschweben, der irrt. Abb. 15 Das Schlittenziehen aus eigener Kraft ist die klassische Form des Polarreisens, das je nach Gelände und Schneequalität mehr oder weniger mühsam oder meditativ ist. Der Tiroler Paul Koller gleitet mit Ski und Polarschlitten durch die herrliche Bergwelt Königin-Maud-Lands. Foto: Christoph Höbenreich 2009 Es wird aber nicht nur der olympischen Devise immer „schneller, höher, weiter“ gefrönt. Abseits dieser sich aufschaukelnden Zahlenspiele werden auch neue Expeditionserfolge mit Spannung erwartet. Offen ist beispielsweise noch die erste volle Ski-Durchquerung des Kontinents ohne jegliches Windsegel von einer bis zur anderen äußeren Schelfeiskante, mit oder ohne Depots, als Team oder solo. Dieses extrem schwierige Unterfangen könnte derzeit vielleicht noch als eine der tatsächlich „letzten großen Herausforderungen“ für künftige Polarathleten in der Antarktis gelten. Es gibt übrigens bereits ambitionierte Pläne, diese schwierige Aufgabe umzusetzen. Man darf gespannt sein. Auch immer subtilere Reisemethoden beanspruchen Sponsoren und Medien. Mittlerweile gibt es etwa Segelschlitten („Wind-Crafts“), ganze Schlittenplattformen, die samt fix installierten Zelten von Lenkdrachen gezogen werden, und auf denen die Reisenden sitzend über das Eis segeln. Der Schlittenbautradition der grönländischen Inuit folgend, ließen sich Ramón Larramendi, Ignacio Oficialdegui und Juan Manuel Viu 2005/06 erstmals mit einem solchen vom Wind gezogenen Vehikel (Abb. 16, 17) in 62 Tagen auf einer 4.486 Kilometer langen Schleife durch den weißen Kontinent ziehen. Ohne dabei zu Fuß zu gehen oder Ski zu laufen erreichten die Spanier erstmals mit einem Windfahrzeug die beiden Pole der Unzugänglichkeit gemäß Berechnung des British Antarctic Survey25 sowie die Vostok-Station. 2018/19 segelten Ramón Larramendi und Ignacio Oficialdegui mit Manuel Olivera und Hilo Moreno auf ihrem Segelschlitten in einer 52-tägigen, 2.538 Kilometer langen Rundreise zur 3.810 Meter hohen Eiskuppe des Dome Fuji, dem zweithöchsten Scheitelpunkt des antarktischen Eisschildes in der Ostantarktis, wo sich eine japanische Forschungsstation befindet. Wäre Amundsen und Scott das etwa spanisch vorgekommen? Abb. 16 und 17 Nur die Kräfte der Natur nützend und auf ihren Segelschlitten sitzend reisen moderne Polarvagabunden mit Sack und Pack relativ bequem Tausende Kilometer über das Eis. Foto: Ramón Larramendi 2018 Nur auf Polarlaufschuhen unterwegs war 2011/12 der Ultra-Marathonläufer Pat Farmer (Abb. 18). Der Australier lief auf seinem „Greatest Run on Earth“ 21.000 Kilometer um die halbe Erde und durch alle Klimazonen: Vom Nordpol über das Eismeer nach Nordamerika, weiter bis ganz an die Spitze Südamerikas und von der US-Polarbasis am Union Glacier 1.157 Kilometer in nur 18 Tagen bis zum Südpol. Mit seiner aufsehenerregenden Aktion sammelte er Spendengelder für das Internationale Rote Kreuz. In der Antarktis wurde er von einem 6×6-Fahrzeug begleitet und legte im Schnitt 64 Kilometer am Tag auf Schnee und Eis zurück. Abb. 18 Auf seinem „Greatest Run on Earth“ lief der Ultra-Marathonläufer Pat Farmer (AUS) 2011/12 von Pol zu Pol, 21.000 Kilometer vom Nordpol durch beide Amerikas bis zum Südpol. Dabei sammelte er Spendengelder für das Internationale Rote Kreuz. Foto: Eric Philips 2011 Wer nicht laufen oder gleiten will, rollt und fährt neuerdings mit Fahrrad (Abb. 19) oder Dreirad. So pedalierte Maria Leijerstam (Abb. 20) im Dezember 2013 als erster Mensch mit ihrem Tricycle vom inneren Kontinentalrand des Ross-Schelfeises in 10 Tagen 14 Stunden und 56 Minuten 638 Kilometer weit bis zum Südpol. Die Britin nützte dabei nicht nur die eingerichtete Eispiste McMurdo-Südpol, sondern wurde auch von einem Fahrzeug unterstützt. Abb. 19 Der Australier Keith Tuffley setzt bei der ersten Südpol-Expedition über den unbegangenen Reedy-Gletscher 2016 nicht nur Ski, sondern zur Hälfte der Strecke auch ein Fatbike ein, um seinen Materialschlitten zu ziehen. Foto: Eric Philips 2016 Abb. 20 Die Britin Maria Leijerstam pedaliert 2013 in knapp elf Tagen als erster Mensch zum Südpol: 638 Kilometer vom inneren Rand des Ross-Schelfeis am Fuße des Leverett Gletschers auf der zur Versorgung der US Amundsen-Scott South Pole Station präparierten Eispiste South Pole Traverse. Foto: Archiv Maria Leijerstam Auch für Bergsteiger hat sich die Erforschung der Antarktis verändert und die Tür zu einem neuen Zeitalter alpiner Entdeckungsreisen geöffnet, was der Weltklassekletterer Leo Holding (UK), Mark Sedon (NZL) und Jean Burgun (FRA) 2017/18 eindrucksvoll demonstrierten (Abb. 21). Ihre spektakuläre Expedition nützte zuerst Fluglogistik bis zum Ausgangspunkt im Inneren der Antarktis, von dem aus sie in einer Langstreckenreise den 2.020 Meter hohen Spectre in den entlegenen und nur schwer erreichbaren Transantarctic-Mountains bestiegen. Mit fixierbaren Skitourenschuhen, alpinen Rennski und Hochleistungs-Snowkites kehrten sie dann wieder hurtig zum Union Glacier zurück, wobei sie kurz auch die Südpolpiste benutzten. Für mich verkörpert dieser Stil die Idealform einer polaren Abenteuerexpedition im 21. Jahrhundert: Mit leichtem Gepäck, Ski, Schlitten und Zelt völlig autark in der Abgeschiedenheit der inneren Antarktis unterwegs sein, um unberührte, bestenfalls sogar noch namenlose Berge zu erkunden und zu besteigen (Abb. 15, 23). Abb. 21 Jean Burgun (F) düst mit einem Hochleistungspowerkite und schwerem Polarschlitten im Schlepptau während der Spectre-Expedition 2017/18 in die abgelegenen Transantarctic-Mountains. Foto: Mark Sedon 2017 Durch Kreativität und technologische Weiterentwicklung entstehen immer neue Sportgeräte. Sie bringen neue Disziplinen und neue Reisemethoden in die Antarktis. Die verschiedenen Spielformen haben wenig miteinander zu tun, außer dass sie auf dem gleichen Spielplatz gespielt werden. Moderne Fahrzeugtechnik und Fluglogistik ermöglichen auch zunehmend die touristische Nutzung der Antarktis bis zum Südpol. So werden „Ski-Last-Degree-Expeditionen“ durchgeführt, also auf die letzten ein oder zwei Breitengrade (1° = 60 nautische Meilen = 111 Kilometer Gehdistanz) reduzierte Skitouren bis zum Pol, Marathons oder sonstige Extremveranstaltungen am südlichen Ende der Welt. 2020 wurde sogar ein erster Ironman in der Antarktis durchgeführt – wenn auch nur durch einen einzigen Athleten. Die Antarktis wird immer mehr auch als Bühne für Extremsportevents benützt. Ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen. Man darf gespannt sein, was der nächsten Generation der Polarreisenden einfällt. In den Gebirgen verhindern zum Glück (noch) riesige Spaltenzonen, dass hier Fahrzeuge herumfahren. Es bedarf dennoch besonnener Köpfe, Fahrzeuge in der Antarktis behutsam einzusetzen. Sonst läuft der moderne Polartourismus letztlich Gefahr, genau das zu zerstören, was die Abenteurer suchen: Den Wildnischarakter dieser einzigartigen, abgeschiedenen Welt. Aber egal, ob Solo-Skidurchquerungen, Langstrecken-Kiteexpeditionen, Segelschlittenrunden, Wettrennen auf verkürzten Rennstrecken oder pionierhafte Entdeckungsreisen in polares Neuland: Antarktika bietet genug Spielraum für alle und wird seine Anziehungskraft und die Faszination der Stille, der schier endlosen Weite und der Abgeschiedenheit am Ende der Welt, die schon Abenteurer vom Schlage eines Shackleton, Amundsen oder Scott in ihren Bann gezogen hat, auch für die heutigen Abenteurerreisenden mit all ihren unterschiedlichen Zielen, Motiven und Ansprüchen sicher nicht so schnell verlieren. Im Gegenteil! Schön wäre dabei bloß, wenn all die verschiedenen Reisen, die sportlichen Hochleistungen und die innovativen Expeditionen, die noch dem Entdeckergeist der Pioniere folgen, dann auch richtig dargestellt und wahrgenommen werden könnten.Roger Mear, Robert Swan: „A Walk to The Pole. To the Heart of Antarctica in the Footsteps of Scott“, New York, 1987. Mit der Southern Quest ging auch der Traum der geretteten Österreicher Bruno Klausbruckner, Wolfgang Axt, Kurt Czech, Eduard Frosch, Werner Hölzl und Leopold Krenn unter, den 4.163 Meter hohen Mount Minto in der Admirality Range, Victoria Land, zu besteigen. Joseph Murphy: „South to the Pole by Ski. Nine Men and Two Women pioneer a New Route to the South Pole“, Saint Paul, 1990 Die Expeditionsmitglieder der Transantarctica geben unterschiedliche Distanzen an: Jean-Louis Etienne nützte auch ARGOS-Satellitendaten und nennt 6.300 km, der Expeditionsnavigator Geoff Somers maß mit Sextant und Hodometer 6.048 km und Will Steger nennt 6.020 km. In jedem Fall ist es die längste je von Menschen zurückgelegte Durchquerung des antarktischen Kontinents. Natürlich lief Nansen auf Ski und nicht auf „Schneeschuhen“ im Sinne von Schneereifen. In der deutschsprachigen Übersetzung von Nansens Buch „På ski over Grønland“ („Auf Schneeschuhen durch Grönland“, Hamburg 1891) wurde das aus dem altnordischen Wort skíð abstammende und mit dem deutschen Wort Scheit urverwandte norwegische Wort Ski aber mit dem Wort „Schneeschuh“ übersetzt. Dieser Terminus wurde auch noch von den Skipionieren Arnold Fanck und Hannes Schneider („Wunder des Schneeschuhs. Ein System des richtigen Skilaufens und seine Anwendung im Alpinen Geländelauf“, Hamburg, 1926) verwendet. In ihren Publikationen geben Messner und Fuchs eine überhöhte Distanz von 2.800 Kilometern an, was fast der Gesamtstrecke zwischen beiden äußeren Schelfeisrändern entsprechen würde (Reinhold Messner: „Antarktis Himmel und Hölle zugleich“, 1990, S. 386; Messners Philosophikum – So weit wie möglich. Bergwelten 4/2020, S. 146; Arved Fuchs: „Von Pol zu Pol“, 1990, S. 239). Interview Reinhold Messner South Pole Station Børge Ousland: „Alone Across Antarctica“, Oslo, 1997, S. 91 Alain Hubert, Dixie Dansercoer, Michel Brent: „In the Teeth of the Wind. South through the Pole“, Norwich, 2001 Liv Arnesen: „Snille piker går ikke til Sydpolen“ (Nette Mädchen gehen nicht zum Südpol), Oslo, 1995 Expeditionstagebuch 03.02.2006 Explorersweb. 21.01.2010 Die tatsächlich zurückgelegte Wegstrecke mit Abweichungen zwischen den Lagern betrug sogar 5.306 Kilometer. The Sydney Morning Herald, 07.01.2020 In seiner Nähe wurde 2004 durch Satelliten der Kälterekord der Erde von frischen minus 98,6°C gemessen, forschung-und-wissen.de. Es gibt je nach Berechnungsmethode mit oder ohne Schelfeisflächen mehrere Pole der Unzugänglichkeit. Der Pol der Unzugänglichkeit liegt nach dem British Antarctic Survey auf 82°53′14″S 55°04′30″E. Die ehemalige sowjetische Station des Pols der Unzugänglichkeit Polus Nedostupnosti liegt auf 82°06’S, 54°58’E.“ Das Scott Research Institut hat den Pol der Unzugänglichkeit auf 85°50′S, 65°47′E berechnet.