Anleitung zum professionellen Sturztraining
Sturztraining im Kletterkurs ist eine wichtige und anspruchsvolle Einheit für Kursleiterinnen und -trainerinnen. Das Verletzungsrisiko ist im Vergleich zu allen anderen Kurs- und Trainingseinheiten gegeben und dementsprechend ist der Respekt von Kursleiterinnen Teilnehmerinnen hoch. Zusätzlich ist einem die Aufmerksamkeit des restlichen Kletterhallenpublikums gewiss. Beim Sturztraining ist der methodische Aufbau enorm wichtig. Anweisungen à la: „Klettere mal im Überhang und dann spring einfach mal rein!“, mögen der ein oder anderen Kletterpsyche subjektiv guttun, werden aber objektiv betrachtet kaum einen Lerneffekt haben und Anfängerinnen nicht weiterhelfen.
Beim Klettern unterscheidet man grundsätzlich zwischen kontrolliertem ins Seil „Springen“ und unkontrolliertem Stürzen. Ersteres ist von der Bezeichnung her nicht ideal, denn man soll eigentlich nicht wie ein Gummiball von der Wand abspringen, sondern „abtropfen“, also sich mit einem ganz leichten Impuls „flach“ von der Wand lösen und ins Seil fallen lassen. Wenn man sich zu sehr abdrückt, wird man zusätzlich zur Wand zurückpendeln, der Aufprall an der Wand wird härter werden und das Verletzungsrisiko dementsprechend steigen (Daniel Gebel, Michael Munz, Julia Janotte, Thomas Engleder & Jörg Helfrich: Anprallenergie bei Sportkletterstürzen, in: bergundsteigen #111, Sommer 2020, S. 93–101 – PDF).
Der unkontrollierte Sturz passiert meist überraschend und – wie der Name schon sagt – unkontrolliert. Ein Fuß rutscht ab, ein Griff bricht aus und zack hängt man im Seil. Für diesen Fall müssen Reaktionen so trainiert werden, dass man automatisch die richtige Position einnimmt. Dies erreicht man durch häufiges Üben des oben erwähnten kontrollierten Springens ins Seil während eines Sturztrainings.
Im folgenden Artikel versuchen wir einen möglichen methodischen Ablauf für das Sturztraining zu beschreiben, der in einer zweistündigen Kurseinheit durchführbar ist.
Korrekte Körperhaltung der Kletterin beim Sturz
Die korrekte Körperposition sieht folgendermaßen aus: Bei einem Sturz bleibt der Oberkörper aufrecht, während die Beine leicht angewinkelt sind und die Hände neben dem Kopf gehalten werden (Tormannstellung).
Ein leichter Rundrücken in Kombination mit angespannten Bauchmuskeln verhindert, dass man ins Hohlkreuz gezogen wird. Der Blick geht nach unten, um die Landung, sprich die Freiräume zwischen den Griffen, anzuvisieren. Wenn das Seil greift und man zur Wand gezogen wird, werden die Beine – wie beim Ablassen – etwa auf Hüfthöhe gegen die Wand gestellt, um den Sturz abzufangen.
Übung 1: In stabiler Position loslassen/abtropfen
Nur mit einer Hand am langen Arm zentral über dem Körperschwerpunkt (KSP) festhalten und den KSP absenken, so dass die Knie gebeugt sind und das Gewicht gleichmäßig auf beiden Füßen verteilt ist.
- Zweite Hand seitlich neben dem Kopf hochhalten (methodische Hilfe: Falls die zweite Hand „aufgeräumt werden“ muss, kann man damit beim Sturz ins Seil an den festgezogenen Einbindeknoten greifen.).
- Blick nach unten durch die Beine mit Kinn auf der Brust, Landung anvisieren.
- Abtropfen lassen: gleichzeitig die Füße von den Tritten nehmen und mit der Hand loslassen.
- Rückmeldung durch Trainerin: Die Kletterin soll sich nur leicht von der Wand lösen und wieder auf den Füßen landen. Mögliche Fehlermuster: Kletterin springt nach hinten ab; überstreckte Beine und angewinkelte Arme; Kletterin kippt nach hinten in Rücklage weg, ohne die Füße zu lösen.
- Wichtig: Nur in Absprunghöhe, alle harten Gegenstände wie Karabiner und Sicherungsgerät vom Gurt entfernen und am besten im Boulderraum auf einer Absprungmatte ausprobieren.
Die Einübung dieser Körperhaltung vor dem Sturz hat mehrere Vorteile. Wenn nur eine Hand loslassen muss, besteht nicht die Gefahr, dass die Kletterin sich dreht, falls die zweite Hand nicht zum exakt gleichen Zeitpunkt loslässt. Außerdem benötigt es weniger Überwindung. Durch Absenken des KSP entfernt sich dieser nach hinten von der Wand. Dieser Abstand genügt, dass man sich weit genug von der Wand entfernt, dass Griffe und Tritte kein Hindernis darstellen und man sich nicht, wie viele fälschlicherweise denken, nach hinten abstoßen muss. Durch das Beugen der Knie nehmen die Beine auch bereits die richtige Stellung ein, um sich später an der Wand dosiert abzufedern. Mit dem Blick durch die Beine nach unten ergibt sich automatisch ein runder Rücken. Dabei können auch gleich die Zwischenräume zwischen den Griffen und Tritten anvisiert werden, denn wie so oft werden wir uns dort hinbewegen, wo wir hinschauen. Die angespannten Bauchmuskeln ergeben sich von selbst – fehlende Spannung ist das Letzte, worüber wir uns beim Sturztraining Sorgen machen müssen.
Korrektes Verhalten der Sicherin
Die Herausforderung beim dynamischen Sichern ist es, dem Sturzzug – also der Kraft, die bei einem Sturz der Kletterin über das Seil auf die Sicherin ausgeübt wird – nachzugehen. Intuitiv neigen die meisten Menschen, die durch ein Seil mit einer stürzenden Kletterin verbunden sind, eher dazu sich nach hinten zu bewegen und dem Sturzzug entgegenzuwirken. Ziel der folgenden Vorübung ist, dass die Sichernde lernt, dem Sturzzug, der sie über ihren Klettergurt erreicht, körperdynamisch hinterher zu gehen.
Übung 2: Körperdynamische Sicherung
- Sicherin und Kletterin stehen eingebunden am Boden mit etwa einem Meter Abstand und etwa eineinhalb Meter ausgegebenem Seil zwischen sich (50 Zentimeter „Schlappseil“), die Sicherin steht in Sicherungsposition (Schrittstellung).
- „Kletterin“ geht ruckartig zurück, die Sicherin geht dem „Sturzzug“ nach (Körperdynamik), Intensität des Sturzzuges variieren, Übung mit geschlossenen Augen wiederholen.
- Anleitung und Rückmeldung durch Trainerin: Sicherin soll dem Zug nachgehen und nach einem Schritt wieder abbremsen, es geht nur um einen einmaligen „Sturzzug“. Mögliche Fehlermuster: Sichernde stemmt sich gegen „Sturzzug“ oder macht einen Ausfallschritt statt normalem Schritt.
Dieselbe Übung ist auch mit dem Seil in der ersten Zwischensicherung möglich. Die Sicherin steht dabei mit dem Gesicht zur Wand, die Kletterin hinter der Sicherin, sodass diese sie nicht sehen kann. Die Sicherin steht etwa ein- bis eineinhalb Meter von der Wand weg und gleich weit aus der Sicherungslinie versetzt. Das Seil hält sie, wie beim „richtigen Sichern“, mit möglichst wenig Schlappseil und konzentriert sich auf den „Sturzzug“. Die Kletterin geht ruckartig zurück und die Sicherin versucht auch hier möglichst gleichmäßig dynamisch dem Zug nachzugehen. Der Vorteil dieses Übungsaufbaus besteht darin, dass der „Sturzzug“ wie bei einem richtigen Sturz in Richtung erster Zwischensicherung zieht. Der Nachteil ist, dass es vor allem für leichtere Personen schwer ist, genügend „Sturzzug“ zu erzeugen
Falltraining und Sturztraining an der Wand
Mit den Vorübungen haben wir eine gute Grundlage geschaffen, um ein möglichst realitätsnahes Sturztraining ohne zu großes Verletzungsrisiko durchzuführen. Aber auch hier wollen wir wieder schrittweise methodisch vorgehen und tasten uns über das sogenannte Falltraining im Toprope an das eigentliche Sturztraining im Vorstieg heran.
Achtung: sowohl beim Falltraining im Toprope wie auch beim Sturztraining im Vorstieg sollte immer durch die Trainerin hintersichert werden, die individuelle Betreuung jeder Seilschaft ist hier erforderlich. Auch ein Knoten im Seil knapp hinter dem Sicherungsgerät kann einen Bodensturz während der Übungen verhindern!
Ein wichtiger Faktor beim Sturztraining ist die Auswahl einer geeigneten Route und der richtigen Stelle in der Route:
Je nach Halle sollte als Mindesthöhe die sechste Zwischensicherung gelten, um einen Bodensturz auszuschließen. Die Route sollte senkrecht oder ganz leicht überhängend sein und für Anfängerinnen kletterbar. Außerdem sollte sie frei von großen Volumen und größeren Griffen sein.
Eine Überschneidung von Sturzräumen muss ausgeschlossen werden. Das sollte zwar auch bei normalem Kletterbetrieb immer der Fall sein. Wir erwähnen es dennoch an dieser Stelle, weil die Realität in den Kletterhallen leider ganz oft anders aussieht. Der Sturzraum ist die Fläche, die sich ausgehend von jeder Kletterin eineinhalb Meter zur rechten und linken Seite und acht Meter nach unten erstreckt. Grundsätzlich sollte immer mindestens eine Linie Abstand gelassen werden. Falls dies aus platztechnischen Gründen in einer kleinen Kletterhalle nicht möglich ist, muss abwechselnd geklettert und gestürzt werden.
Wenn eine geeignete Route ausgewählt und die richtige Stelle festgelegt wurde, kann sich die jeweilige Seilschaft bereitmachen. Deutliche Präsenz (Individualbetreuung) und klare Kommunikation der Kursleiterin gibt den Teilnehmerinnen Vertrauen und ist auch gut für die Kontrolle der Trainerin. Um sicherzustellen, dass der gesamte Ablauf verstanden wurde, sollten auch alle Anweisungen zur Übung bereits am Boden durchgesprochen werden. Im Idealfall kann die komplette Übung mit einer Seilschaft vorgezeigt werden. Befindet sich eine Kletterin erst einmal in einer Route wird die Kommunikation deutlich erschwert. Zur Kommunikation gehört auch, dass unabhängig von der Erfahrung und dem Können der Teilnehmerinnen der Partnercheck durch die Kursleiterin nochmals genau überprüft wird, auch wenn dies zu diesem Zeitpunkt im Kursbetrieb von den Teilnehmerinnen bereits eigenverantwortlich durchgeführt werden sollte.
Übung 3: Falltraining im Toprope
Die Kletterin klettert zur besprochenen Stelle, zum Beispiel „die achte Zwischensicherung in der blauen Tour“, hängt die letzte Zwischensicherung ein und gibt das Kommando „zu“. Die Sicherin zieht das Seil straff und gibt gegebenenfalls das Kommando „ist zu“ oder „ich hab dich“. Jetzt wird die Kletterin so weit abgelassen, wie sie beim folgenden Falltraining im Toprope fallen möchte. Dann klettert sie im Toprope bis kurz unter die oberste geklippte Zwischensicherung und nimmt dort die geübte Sturzhaltung ein. Die Sicherin steht in der Sicherungsposition, aber zieht kein Seil durch das Sicherungsgerät ein. Das entstehende Schlappseil wird von der Kursleiterin nach unten gezogen, damit es die Kletterin nicht stört und sie sich nicht darin verfangen kann. Die Kursleiterin steht etwa eineinhalb bis zwei Meter seitlich neben der Sichernden und im rechten Winkel zur Wand, um einerseits händisch hintersichern zu können und andererseits sowohl die Sicherin als auch die Kletterin im Blick zu haben. Die Kletterin sagt idealerweise Bescheid und kann sich dann „abtropfen“ lassen. Diese Methode hat klare Vorteile im Vergleich zum Ausgeben von Schlappseil durch die Sicherin: Erstens bestimmt die Kletterin selbst, wie weit sie fallen will und muss sich nicht der Bodencrew „ausliefern“, und zweitens ist es sehr exakt reproduzierbar und lässt sich variieren.
Die Kursleiterin versucht sowohl die Sicherin als auch die Kletterin zu beobachten und ihnen anschließend eine Rückmeldung zu geben. Beide im Auge zu haben ist sehr anspruchsvoll und benötigt viel Erfahrung als Kursleiterin. Je nach Situation und Erfahrung der Kursleiterin kann es auch sinnvoll sein, sich auf eine der beiden zu konzentrieren und bei einem weiteren Versuch die andere zu beobachten. Die Seilschaft sollte ohnehin mehrere Versuche beim Falltraining machen, wobei die Fallhöhe von der Kletterin variiert werden kann und auch sollte. Die Rückmeldung der Kursleiterin erfolgt immer unmittelbar nach jedem Versuch. Anschließend sollte es einen weiteren Durchgang geben, um das Feedback sofort umzusetzen.
Die Kursleiterin sollte vor allem auf folgende Punkt achten:
Sicherin:
- Korrekte Sicherungsposition?
Bei einem Abstand von etwa eineinhalb bis zwei Meter ist genügend Bewegungsfreiheit für das Sichern gegeben, der Winkel mit dem ein Sturzzug wirkt ist nicht zu flach und die Sichernde kann gut nach oben zur Kletterin schauen. Der optimale Abstand ist auch abhängig vom Gewichtsverhältnis. Je leichter die Sichernde im Verhältnis zur Kletterin ist, desto eher sollte der Abstand bei maximal eineinhalb Metern liegen. Steht die Sicherin zu weit weg, erhöht sich auch der „Bremsweg“ und es besteht die Gefahr, dass die Sicherin beim Sturz unkontrolliert an die Wand gezogen wird.
- Aufrechte Körperhaltung und Schrittstellung beim Sichern?
- Wird dem Sturzzug nach vorne-oben nachgegangen? Gutes Timing?
Kletterin:
- Flaches Abtropfen (nicht Abspringen)?
- Stabile Körperhaltung vor und während dem Sturz?
- Wird der Sturz sauber mit den Füßen abgefangen?
- Wo befinden sich die Hände?
Durch das Falltraining können sich die Teilnehmerinnen in einer bekannten Situation (Toprope) mit selbst wählbaren Fallhöhen an das Sturztraining herantasten. In einer Topropesituation ist außerdem noch etwas mehr Seil in der Sicherungskette als beim Vorstieg vorhanden, wodurch mehr von der Fallenergie durch das Seil aufgenommen wird. Dadurch wird das Sichern automatisch etwas dynamischer und fehlertoleranter. Nach einigen Fallversuchen im Toprope, wenn sowohl Kletterin als auch Sicherin eine Rückmeldung von der Kursleiterin bekommen haben und die Kursleiterin mit dem Verhalten beider zufrieden ist, kann man direkt in das Sturztraining im Vorstieg übergehen.
Übung 4: Sturztraining im Vorstieg
Der direkte Übergang vom Falltraining im Toprope hin zum Sturztraining im Vorstieg hat den Vorteil, dass beide Seilpartnerinnen bereits ihr Verhalten in einer entschärften Übung einstudiert haben, bevor sie es in einer realistischen Situation anwenden müssen. Dazu klettert die Kletterin jetzt bis zur letzten eingehängten Zwischensicherung, nimmt wieder die eingeübte Sturzhaltung ein, gibt Bescheid und lässt sich dann wieder abtropfen. Die Sicherin sichert dabei jetzt „normal“, ohne unnötiges Schlappseil. Die Klettertrainerin hintersichert in gewohnter Position und versucht wiederum beiden Teilnehmerinnen eine Rückmeldung zu geben. Wenn sich beide bei einer Sturzhöhe richtig verhalten haben, kann diese etwas gesteigert werden (letzte Zwischensicherung auf Hüfthöhe, dann auf Kniehöhe, dann auf Knöchelhöhe etc.), wobei das natürlich immer die Kletterin selbst entscheidet. Die maximal sinnvolle Sturzhöhe ist erreicht, wenn der Anseilknoten der Kletterin auf Höhe der nächsten Zwischensicherung ist, denn weiter sollte ein Sturz in einer Kletterhalle ohnehin nie werden.
Einige Teilnehmerinnen neigen beim Sturztraining zur Übertreibung und sollten eingebremst werden, um unnötige Risiken zu vermeiden. Die Maximierung der Sturzhöhe ist nicht das Ziel des Sturztrainings. Vielmehr geht es darum, die normalen Sturzsituationen gut kontrollieren zu können und individuelle Fehler im Blick zu haben.
Für eine schwere Sicherin, die es mit einer leichten Kletterpartnerin zu tun hat, ist die Gefahr eines Kontrollverlustes und das Verletzungsrisiko durch einen starken Sturzzug zur Wand hin eher gering. Die Herausforderung für sie als Sicherin ist vor allem bei dem geringen Sturzzug, der durch die leichte Kletterin entsteht, im richtigen Moment genügend aktive Körperdynamik zu entwickeln und somit das Verletzungsrisiko für die Kletterin zu minimieren. Dies ist deutlich anspruchsvoller als für eine leichtere Sicherin, die sowieso passiv körperdynamisch beschleunigt wird.
Für die leichte Sicherin ist es vor allem interessant, ob sie auch bei höherer Sturzenergie im Stande ist, die Kontrolle zu behalten und sich an der Kletterwand wieder kontrolliert mit den Füßen abzubremsen, wenn sie nach vorne-oben gezogen wird. Bei zu großem Gewichtsunterschied muss auf Hilfsmittel wie Reibungsclip („Z-Clip“) oder Geräte zur Erhöhung des Seilwiederstandes wie das OHM oder den BAUER zurückgegriffen werden, um Verletzungen oder gar Bodenstürze zu vermeiden. Im Vorstieg sollte die Kletterin maximal ein Drittel mehr wiegen als die Sicherin und für Anfängerinnen sollte die Grenze etwas defensiver gesetzt werden (max. Gewicht Kletterin = Gewicht Sicherin + 1/4). Untersuchungen haben auch gezeigt, dass es von der jeweiligen „Gewichtsklasse“ abhängt und Sicherinnen in „schweren Seilschaften“ oft mehr Probleme haben Stürze zu kontrollieren, auch wenn kein Gewichtsunterschied vorliegt. Aus diesem Grund, und wegen der leichten Anwendbarkeit, kann auch die „10-Kilogramm-Regel“ sinnvoll sein: Ab einem Gewichtsunterschied zwischen Kletterin und Sicherin von 10 Kilogramm sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden.
Fazit: Übung macht die Meisterin
Wichtig bei allen Übungen zum Stürzen ist es, nicht zu übertreiben: Man sollte „klein“ anfangen und die Fall- und Sturzhöhen langsam steigern. Und dann heißt es: Üben, Üben, Üben! Häufige kleine Stürze in jeder Klettereinheit schaffen Routine und Vertrauen für Kletterin und Sicherin.
Wie schon erwähnt glauben manche Kursteilnehmerinnen, das Ziel eines Sturztrainings sei es, die Aufmerksamkeit der gesamten Kletterhalle auf sich zu ziehen und den Extremfall mit besonders weiten Stürzen zu trainieren. Dies ist nicht nötig und oft sogar gefährlich. Denn: Das Verletzungsrisiko steigt und man stresst Teilnehmerinnen, die mehr Respekt oder gar Angst vor dem Stürzen haben. Man sollte vorweg erklären, dass das dynamische Sichern kleiner Stürze mit wenig Sturzzug auch sehr anspruchsvoll ist und dementsprechend geübt werden sollte.
Ein Sturztraining ergibt immer nur dann Sinn, wenn es für die Kletterin psychisch keine zu große Überwindung darstellt, man muss sich je nach „Mut“ der Kletterin möglichst langsam an das eigentliche Sturztraining herantasten. Respekt vorm Stürzen und eine entsprechende Anspannung sind normal. Wenn jedoch die Angst überhandnimmt, die Kletterin dadurch zu sehr verkrampft und nicht mehr genügend handlungsfähig ist, nimmt einerseits die Lernfähigkeit ab und andererseits erhöht sich das Verletzungsrisiko. Manchmal wird diese Grenze schon vor dem eigentlichen Sturztraining erreicht und wir müssen uns mit den Vorübungen und dem Falltraining im Toprope zufriedengeben oder versuchen in einer anderen Einheit, in der die Tagesverfassung der Kletterin vielleicht besser ist, weiterzumachen.
Doch selbst, wenn wir an diesem Punkt stoppen, ist damit meistens deutlich mehr erreicht als mit unsystematischen Sturzversuchen, die mit zweifelhafter Methodik und in fragwürdigem Gelände durchgeführt werden. Die Teilnehmerinnen haben dann trotzdem erfahren, welche Energien ungefähr auftreten können und sich darauf vorbereitet, wie sie im Fall der Fälle reagieren sollten – idealerweise unter professioneller Anleitung!
Fotos: Markus Schwaiger
(Wir gendern der besseren Lesbarkeit wegen in dem Artikel nicht, sondern verwenden immer die weibliche Sprachform. Männer sind natürlich mitgemeint.)